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US-Notenbank vor der ZinswendeDer Elefant ist Donald Trump

Die Finanzwelt wartet auf eine Ansage von Fed-Chef Powell beim Notenbanktreffen. Gewinnt Trump, ist die Unabhängigkeit der US-Institution in Gefahr.

Was wird der Chef der US-Notenbank, Jerome Powell, am Freitag wohl verkünden? Foto: Kevin Mohatt/reuters

Berlin taz | Die Erwartungen an Jerome Powell sind groß. Eigentlich beginnt das jährliche Treffen der mächtigsten Notenbanker der Welt in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming bereits am Donnerstag. Doch der bedeutendste Moment der dreitägigen Konferenz wird sein, wenn der Chef der Fed, der US-amerikanischen Notenbank, am Freitag ans Rednerpult tritt. Gespannt warten Bör­sen­bro­ke­r*in­nen und Ana­lys­t*in­nen darauf, was für Signale Powell in die Finanzwelt sendet.

Anders als die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Fed noch nicht die Zinswende eingeläutet. Nachdem sie wie andere Notenbanken auch im Kampf gegen die Inflation ihre Leitzinsen massiv erhöht hatte, verharren sie seit rund einem Jahr bei einer Spanne von 5,25 bis 5,5 Prozent. Doch hat sich die Inflation mittlerweile auch in den Vereinigten Staaten wieder normalisiert. Gleichzeitig haben sich zuletzt die Aussichten in der US-Wirtschaft eingetrübt. Warnungen vor einer möglichen Rezession machen die Runde.

Generell ist die Stimmung zuletzt jedoch etwas aufgehellt. Und nun erwartet die Finanzwelt eine erste Zinssenkung im September. Das würde die Börsenkurse steigen lassen und die Wirtschaft ankurbeln, weil die Banken die niedrigeren Zinsen vermutlich an Unternehmen und Ver­brau­che­r*in­nen weitergeben würden. Die Frage ist nur, ob die Fed sie tatsächlich um 0,5 Prozentpunkte senken wird, wie zwischenzeitlich erwartet, oder doch etwas vorsichtiger die Wende einläutet.

Dabei geht es beim Thema Fed dieser Tage nicht allein um die anstehende Zinssenkung. Der eigentliche Elefant im Raum ist Donald Trump. Denn der Republikaner will im Falle einer zweiten Amtszeit mehr Einfluss auf die Fed haben und ihre Eigenständigkeit einschränken.

Trump glaubt an seinen Instinkt

Bereits im April berichtete das Wall Street Journal, dass Trump-Verbündete diesbezüglich schon Vorschläge ausgearbeitet hätten. Trumps Kampagne distanzierte sich damals zwar von dem Bericht. Doch seitdem kokettierte der republikanische Präsidentschaftskandidat immer wieder mit dieser Idee. „Ich denke, dass ich in meinem Fall viel Geld verdient habe, ich war sehr erfolgreich, und ich denke, dass ich einen besseren Instinkt habe als in vielen Fällen die Leute, die in der Federal Reserve sind oder der Vorsitzende“, sagte Trump vor einigen Tagen vor Reportern in seiner Residenz Mar-a-Lago in Florida.

Zwar wäre dies für Trump nicht so leicht durchzusetzen. Wollte er bei Zinsentscheidungen direkte Mitsprache als US-Präsident haben, müsste er das Notenbank-Gesetz von 1913 ändern, wofür er beide Kammern des US-Kongresses hinter sich haben müsste. Nichtsdestotrotz ist allein schon das Ansinnen ein Tabubruch. Denn für die Noten- und Zentralbanken ist ihre Unabhängigkeit ein hohes Gut, an das sie gerne erinnern, wenn Po­li­ti­ke­r*in­nen Einfluss auf die Geldpolitik nehmen wollen.

Trumps Wunsch erinnert an Erdoğan, der bisher reihenweise die türkischen Notenbankchefs auswechselte, weil diese ihm nicht genehm waren. „Die Maßnahmen der Zentralbanken, ihre beständigen Erfolge über die Jahrzehnte und ihre institutionelle Unabhängigkeit förderten das Vertrauen in die Wirksamkeit ihrer Bemühungen zur Eindämmung der Inflation“, schrieb etwa bereits der ehemalige Chefökonom des Internationalen Währungsfonds, Maurice Obstfeld. In „einer Welt der politisierten Geldpolitik unter Kontrolle des Präsidenten“ wäre diese positive Entwicklung unmöglich gewesen.

Auch wenn Trump die Geldpolitik nicht direkt unter seine Kontrolle bringen kann, bleibt ihm zumindest die Möglichkeit, einen treuen Gefolgsmann an der Spitze der Fed zu installieren, wenn ­Powells Amtszeit im Mai 2026 ausläuft. Dabei wurde dieser einst selbst von Trump eingesetzt.

Der Ex-Präsident wollte niedrige Zinsen

„Er ist stark, er ist engagiert, er ist klug“, sagte Trump noch im November 2017 zur Ernennung Powells. Er sei zuversichtlich, dass die Fed mit Powell „als klugem Verwalter in den kommenden Jahren die Führung haben wird, die sie braucht“. Doch schon bald kam es zwischen den beiden Republikanern zum Bruch, weil der Notenbankchef einen eigenen Kopf bewies. Eine seiner ersten Amtshandlungen war die Anhebung der Leitzinsen. Das war jedoch nicht im Sinne Trumps. Denn dieser wollte als US-Präsident niedrige Zinsen, um den US-Dollar gegenüber anderen Währungen günstig zu halten. Dies sollte helfen, US-Firmen im Welthandel wettbewerbsfähiger zu machen und das Außenhandelsdefizit zu verringern. Gleichzeitig können niedrigere Zinsen zu höheren Inflationsraten führen – auch weil ein schwacher Dollar Importe für die heimischen Ver­brau­che­r*in­nen teurer macht.

Doch derzeit passen dem Republikaner Trump Zinssenkungen weniger in den Kram. Gegenüber der Finanznachrichtenagentur Bloomberg forderte er die Fed vor einiger Zeit auf, die Zinsen erst nach der Wahl im November zu senken. Seine Befürchtung ist nämlich, dass dies die Wirtschaft ankurbeln und die Chancen seiner Konkurrentin Kamala Harris erhöhen könnte.

Die Demokratin will auch nicht am Status der Notenbank rütteln. „Die Fed ist eine unabhängige Einrichtung und als Präsidentin würde ich mich niemals in deren Entscheidungen einmischen“, so Harris bei Phönix.

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3 Kommentare

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  • Die USA unter Trump würden sich also an die Türkei angleichen, Trump hat ja ähnlich viel Ahnung von Fiskalpolitik wie Erdogan. Das könnte spannend werden.

  • Es ist eigentlich noch keiner Zentralbank bekommen, wenn die Politik sich ins Tagesgeschäft einmischen konnte. Aber die Versuchung scheint für viele Machthaber trotzdem groß zu sein. Unabhängig von der eigenen politischen Herkunft.

  • Die taz verteidigt eine Zentralbank ohne politische Kontrolle??



    Doch es gibt mehrere Punkte in diesem Falle.



    Trump würde opportunistisch mit Inflation agieren, und die trifft die untere Mittelschicht härter. Ganz Arme haben gar kein Geld, und Reiche haben Firmenanteile.



    Die US-Fed hat bereits nicht nur Geldstabilität als Ziel, sondern soll ohnehin auch die Wirtschaftslage einbeziehen.