TSMC-Spatenstich in Dresden: Geld für unabhängige Mikrochips

In Dresden wird die taiwanische Halbleiterfabrik TSMC von der Bundesregierung üppig subventioniert. Mit dabei: drei europäische Tech-Konzerne.

Den Spatenstich mit dem Chef des TSMC wollten sich weder Kanzler Scholz (SPD) noch Ursula von der Leyen oder Ministerpräsident Kretschmer entgehen lassen Foto: Axel Schmidt/reuters

LEIPZIG taz | Die Grundsteinlegung am Dienstag in Dresden markiert eine der größten Investitionen in Sachsen bisher: Zehn Milliarden Euro für den Standort einer Chipfabrik, die Hälfte davon übernimmt die Bundesregierung. Da wollte die politische Prominenz mit aufs Foto. Mit roten Spaten stachen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (beide CDU) gemeinsam mit C. C. Wei, dem Chef des taiwanischen Chipherstellers TSMC, in den aufgehäuften Sand.

In der sächsischen Landeshauptstadt soll nun nicht nur irgendeine große, neue Halbleiterfabrik entstehen. Geplant ist ein wirtschaftliches Gemeinschaftsprojekt unter dem Titel ESMC – zu Deutsch „Europäische Gesellschaft für die Herstellung von Halbleitern“. Produziert werden Mikrochips, die in Smartphones, Computern oder Autos zum Einsatz kommen. Beteiligt sind der deutsche Technologiekonzern Bosch sowie die drei Halbleiterhersteller Infineon aus Deutschland, NXP Semiconductors aus den Niederlanden und eben TSMC aus Taiwan.

Ende 2027 soll die Produktion im neuen Werk starten und mindestens 2.000 neue Jobs schaffen. Der Lobbyverein Silicon Saxony, der für Elektronik-Unternehmen im Raum Dresden, Freiberg und Chemnitz eintritt, hofft, dass neben den 2.000 Stellen der neuen Fabrik auch Zulieferer mehr Arbeit entstehe. Durch das ESMC-Projekt sollen demnach 8.000 neue Stellen entstehen. Der TSMC ist weltweit der größte Auftragshersteller für Halbleiter. Der Standort in Dresden wird der erste in Europa für TSMC, das bislang in China und Taiwan produziert. Die Ansiedlung ist Teil der Halbleiterstrategie der Bundesregierung.

Dafür versprach die Ampelkoalition den Unternehmen fünf Milliarden Euro Staatshilfe. Pünktlich zur Grundstein­legung teilte auch die EU-Kommission am Dienstag mit, dass sie die Beihilfe der Bundesregierung genehmige. EU-Kommis­sionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte beim Spatenstich: In Sachsen sei die Zusammenarbeit zwischen jungen Start-ups und Weltkonzernen bereits zu beobachten. „Hier in der Region sind mehr als 2.500 Unternehmen der Chip-Branche ansässig.“

Wackelt Intel in Magdeburg?

Allerdings: Die Subvention kritisierte in der vergangenen Woche der US-Chiphersteller Globalfounderies. Das Handelsblatt zitiert, die Subvention für einen Branchenführer sei ­gegenüber anderen Fabriken ungerecht. Das verzerre den Wettbewerb.

Bundeskanzler Olaf Scholz verteidigt beim Spatenstich die Investition. Laut der Nachrichtenagentur AFP sagte er: Deutschland und Europa dürften bei Zukunftstechnologien nicht abhängig von „anderen Weltregionen“ sein. Der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) hofft zudem, dass die neuen Jobs des Werks die „Fachkräfte aus der ganzen Welt nach Sachsen“ ziehe.

Und die TSMC-Fabrik in Dresden ist nicht der einzige zukünftige Chip-Standort in Ostdeutschland. In Sachsen-Anhalt, bei Magdeburg, plant derzeit der US-Konzern Intel den Bau mehrerer Chipfabriken für rund 30 Milliarden Euro. Dies will die Ampelkoalition mit 9,9 Milliarden Euro unterstützen. Die EU-Genehmigung steht aber noch aus. Außerdem gibt es mehrere Berichte, dass das Projekt wackelt.

Intel ist inzwischen auf Sparkurs. Die Aktien des Konzerns stürzten Anfang des Monats ab, nachdem Intel veröffentlicht hatte, in den nächsten Jahren mit Verlusten zu rechnen. Kürzungen sollen die Anleger wieder zurückholen.

Ob davon auch der Fabrikbau in Sachsen-Anhalt betroffen ist? Nach Angaben der Landesregierung in Magdeburg nicht – wie das Nachrichtenmagazin Spiegel berichtet, gibt es aber Hinweise darauf, dass sie sich auf ein mögliches Scheitern vorbereitet. Das habe eine Anfrage der Linksfraktion im Landtag ergeben.

Zudem brauchen die Fabriken viel Wasser und Energie. Aber in Dresden rückte der Umweltschutz beim feierlichen Spatenstich in den Hintergrund. Zwar wies Sachsens Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) auf die hohen Anforderungen bei der Versorgung und Entsorgung der Fabrik hin, meinte aber „Punkte, die wir gemeinsam gut lösen werden“. Wer „wir“ ist, bleibt offen. In Sachsen wird in zwei Wochen ein neuer Landtag gewählt und noch ist offen, welche Parteien danach den Freistaat regieren.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.

Ihren Kommentar hier eingeben