Ladesäulen für E-Autos: Billigpreis bei Sonnenschein

Die Tarife zum Stromtanken an Ladesäulen sind komplex. Jetzt gibt es erste variable Preise – die sich durchsetzen könnten. Was steckt dahinter?

Ein Sonnenstrahl reicht noch nicht, aber wenn sie richtig knallt, könnte das die Preise fürs E-Auto-Laden senken Foto: Robert Poorten/imago

FREIBURG taz | Auf den ersten Blick überrascht das Schild an einem Ladepark im Großraum München: „Preis nach Sonnenstand“ steht unter den Leuchtziffern mit den aktuellen Kilowattstunden-Tarifen. Plausibel ist das Preis­modell an diesem Ort aber durchaus, denn in unmittelbarer Nähe steht eine große Freiflächen-Photovoltaikanlage, und die liefert in sonnigen Stunden besonders billigen Strom.

Nach welchen Algorithmen sich die Preise an den Ladesäulen in der Gemeinde Egling errechnen, war aber nicht zu erfahren – Anfragen bei der Betreiberfirma Vispiron blieben unbeantwortet. Auch im Stromtankstellen-Verzeichnis der Branchenplattform GoingElectric ist nur unbestimmt von „Adhoc-Preisen“ die Rede, die „variabel und abhängig von der Sonnenstrahlung“ erhoben werden.

Grundsätzlich zulässig sind die variablen Tarife zweifellos. Rechtliche Komplikationen, die in der Vergangenheit schon mal von Ladeparkbetreibern dagegen angeführt wurden, sind heute kein Thema mehr. Auch die Preisangabenverordnung verlangt nur, dass der Verbraucher vor dem Kauf verbindlich über den Preis der Ware informiert werden muss – was auch bei zeitvariablen Preisen problemlos möglich ist. Dass ein anderer Kunde zehn Minuten später an der gleichen Ladesäule womöglich einen anderen Preis angezeigt bekommt als sein Vorgänger, ist rechtlich völlig in Ordnung.

Bislang sind variable Preismodelle an Ladesäulen zwar noch die Ausnahme, doch dass sie in ganz Europa kommen werden, gilt in der Branche als ausgemacht: „Das wird noch ein sehr großes Thema“, sagt Markus Emmert, Vorstand des Bundesverbandes eMobilität.

Rund 10 Cent pro Kilowattstunde, wenn die Sonne scheint

Für angebotsabhängige Ladepreise sprechen mehrere Gründe. Dass flexible Verbraucher auf diese Weise billiger tanken können, ist nur einer davon. Auch für die Betreiber von Ladeparks kann es attraktiv sein, die Schwankungen der Einkaufspreise direkt an die Kunden durchzureichen. Ihr Geschäft wird damit berechenbarer.

Hinzu kommt, dass variable Preise für die massiv fluktuierenden erneuerbaren Energien ökonomisch logisch sind. Vor allem die Photovoltaik drückt dem Strompreis nämlich ein markantes Profil auf: An sonnigen Tagen schwankt der Preis pro Kilowattstunde im Laufe des Tages um rund 10 Cent. Am billigsten ist der Strom zwischen 12 und 15 Uhr, am teuersten morgens und abends. Verschieben die Kunden ihren Ladezeitpunkt, weil die Preisschwankungen an sie weitergegeben werden, hilft dies, das Netz zu stabilisieren.

Markus Emmert, Vorstand des Bundesverbandes eMobilität

„Das wird noch ein sehr großes Thema“

Etwas verzwickt wird die Sache beim Roaming. Roaming bedeutet, dass der Autofahrer einen Vertrag mit einem E-Mobilitäts-Anbieter (EMP) abschließt und dann alle Ladesäulen in dessen Verbund mit seiner Ladekarte zum definierten Preis nutzen kann. Flexible Preise, die der örtliche Ladesäulenbetreiber definiert, kommen in den Roaming-Tarifen nicht vor.

Roaming könnte überholt werden

Gleichwohl können auch Roaming-Kunden flexible Preise nutzen. Denn laut der Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe müssen Betreiber öffentlich zugänglicher Ladesäulen seit April in ganz Europa es auch ermöglichen, ohne Stromvertrag punktuell zu laden. Bezahlt wird ohne Registrierung mit einer Debit- oder Kreditkarte.

Das dürfte in Zukunft dazu führen, dass die Kunden den flexiblen Preis immer dann nutzen, wenn dieser billiger ist als der Roaming-Tarif, und umgekehrt. Damit könnte sich das Roaming per Fixpreis totlaufen. Denn wenn der nur genutzt wird, wenn der Strom am Markt teuer ist, hält das kein EMP auf Dauer durch. Die Preisstrukturen in diesem Markt dürften sich also in den kommenden Jahren noch erheblich ver­ändern.

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