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Streit um staatliche UnterstützungRenditen für gutbetuchte Privatiers

Laut einer Studie flossen 2023 insgesamt mindestens 10,7 Milliarden Euro an ­Subventionen an die 40 DAX-Konzerne. Ist das automatisch schlecht?

Energiepreisbremse: Die eigentlichen Pro­fi­teu­­r*in­nen der Subventionen waren die Ver­brau­che­r*in­nen

Während viele Menschen unter der hohen Inflation litten, war das Jahr 2023 ein gutes Jahr für große Konzerne. Die 40 größten Aktiengesellschaften, die im Deutschen Aktienindex (DAX) gelistet sind, schütten an ihre Ei­gen­tü­me­r*in­nen für das vergangene Geschäftsjahr Rekorddividenden von insgesamt 53,8 Milliarden Euro aus. Kein Wunder also, dass es für Unmut sorgt, wenn diese Unternehmen auch noch Staatshilfen bekommen. Schließlich subventionieren dadurch die Steu­er­zah­le­r*in­nen mitunter die Renditen gutbetuchter Privatiers.

„Das Ausmaß, in dem profitabel wirtschaftende Konzerne mit öffentlichen Geldern versorgt werden, ist über die vergangenen Jahre drastisch angestiegen“, schreibt das Flossbach von Storch Research Institute in seiner kürzlich erschienenen Studie zu den Staatshilfen für die DAX-Konzerne. Bei sieben Konzernen entsprechen die Subventionen im Zeitraum 2016 bis 2023 mehr als 10 Prozent des Vorsteuergewinns.

Doch nicht alles, was laut der Studie als Subventionen gilt, kam auch den Unternehmen zugute. So hieß es, dass der Energiekonzern Eon mit 9,3 Milliarden Euro seit 2016 die meisten Subventionen erhalten habe. Der Großteil der Beträge wiederum sei wegen der Strom- und Erdgas-Wärme-Preisbremsen geflossen.

Bei genauerer Betrachtung irritiert das. Denn der Gesetzgeber verbot Dividenden- und Bonizahlungen für Unternehmen, die im Rahmen der Preisbremsen mehr als 50 Millionen Euro an Subventionen erhielten. Doch Eon beschloss für das Geschäftsjahr 2023 eine Dividendenzahlung von 0,53 Euro je Aktie. Wie passt das zusammen?

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Die Antwort: Nutz­nie­ße­r*in­nen der Strom- und Erdgas-Wärme-Preisbremsen waren nicht die Energie­konzerne. Das Geld, das in diesem Rahmen an sie floss, war dafür da, Kostenexplosionen für die Ver­brau­che­r*in­nen zu verhindern und die Energiepreise zu ­deckeln. Schließlich wurden die Preisbremsen im Herbst 2022 auf dem Höhepunkt der Energiepreisbremse beschlossen. Die eigentlichen Pro­fi­teu­­r*in­nen dieser Subventionen waren also die Ver­brau­che­r*in­nen.

Insofern sollte man öfter genauer hinschauen, ob eine Subvention sinnvoll ist oder nicht. Denn manche sind durchaus richtig. Auch wenn es ärgerlich ist, dass dadurch Dividendenzahlungen subventioniert werden. Denn mitunter schiebt der Staat damit auch sinnvolle Investitionen – etwa in den Klimaschutz – an, die die Unternehmen von alleine nicht tätigen würden.

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6 Kommentare

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  • Wer die Marktwirtschaft ernst nimmt, müsste nicht nur gegen Subventionen für DAX-Unternehmen sein, er müsste in letzter Konsequenz für Ober- und Untergrenzen bei Vermögen und Einkommen eintreten.

    Bekanntlich ist die Tendenz zur Monopolbildung ein Risiko für den marktwirtschaftlichen Wettbewerb. Nun haben die Wettbewerbshüter und Regierungen bisher so gut wie nie etwas getan, um für möglichst viel Wettbewerb zu sorgen. Stattdessen versuchen alle, maximal von größeren Unternehmen zu profitieren: Je größer ein Unternehmen, desto mehr Arbeitsplätze, mehr Steuern usw. Diese Allianz der Interessen gehört zu den vielen Ungereimtheiten der realen Marktwirtschaft. Und es ist ein Narrativ, dass nicht mehr so einfach funktioniert in einer globalen Marktwirtschaft, die maximale Renditen anstrebt und mit fiktionalen Erwartungen erwirtschaftet. Nur eine konsequente Politik der Angleichung von Einkommen und Vermögen kann diese Fehlentwicklungen stoppen und dafür sorgen, dass Wirtschaft wieder den Menschen dient.

  • @Werner2 und @Tomás Zerolo



    Volle Zustimmung. Der Artikel ist ein bisschen dünn.



    Außerdem sind Preisbremsen auch der falsche Weg. Richtig wären "wahre Preise" und ein sattes Klimageld für alle. Wir brauchen endlich "Anreize" von unseren hohen Verbräuchen runter zu kommen.

  • Die Frage ist doch, warum gezahlt wird: Handelt es sich um eine Entschädigung für eine plötzliche, unerwartete Kehrtwende in der Politik, die Investitionen wertlos macht, die im Vertrauen auf eine politische Entscheidung getätigt wurden? Ist es ein zinsloses oder-vergünstigtes Darlehen, das einem Unternehmen hilft, dem die Liquidität fehlt, das Richt und Gewünschte zu tun? Dann ist es aber jeweils keine Subvention.



    Oder ist es eine Zahlung, die erfolgt um Anreize zu setzen, etwas zu tun, das auch gesetzlich geregelt werden könnte? Das kann vielleicht gerechtfertigt sein, wenn es der deutschen Wirtschaft an anderer Stelle zugutekommt. Aber es sollte jetzt überdacht werden, weil wir es mit dem Exportüberschuss und dem Wirtschaftswachstum auf Kosten der Umwelt und des Klimas insgesamt übertrieben haben. Insofern sind deutlich weniger Subventionen und mehr Regulierung wünschenswert.

  • "Die eigentlichen Pro­fi­teu­­r*in­nen dieser Subventionen waren also die Ver­brau­che­r*in­nen."

    Mnjah, nein.

    Das Unternehmen hätte die Reserve, die diese Dividendenzahlung darstellt, zuerst aufbrauchen müssen. Wie jede*r HartzIVler.

    Ausserdem: bei der rasanten Explosion der Ungleichheit heute ist alles, wass diese staatlicherseits vorantreibt "automatisch schlecht", um die Frage im Untertitel zu beantworten. Also "ja". Liest hier niemand Piketty?

    Und drittens: "Denn mitunter schiebt der Staat damit auch sinnvolle Investitionen – etwa in den Klimaschutz – an [...]": Nichts gegen Anreize. Aber manchmal (s.o. "Ungleichheit") sollte der Staat auch ein wenig Mut zeigen, und ganz plump und traditionell Regulation tun.

  • Der Tenor dieses Artikels ist vollkommen richtig. Pauschalisierungen verbieten sich in allen politischen Bereichen, so auch hier. Man-frau muß immer die Details anschauen. Dennoch würde einen nun doch ein wenig mehr interessieren:



    "Bei sieben Konzernen entsprechen die Subventionen im Zeitraum 2016 bis 2023 mehr als 10 Prozent des Vorsteuergewinns."



    Welche anderen Unternehmen waren dies denn noch? Wie sah es hier im Detail aus ?

    Wenn man am Rande mitbekommt, wie sehr man die Batterienfirma Varta hängenläßt im Vergleich zu den geplanten viel höheren geplanten Förderungen bei Werften von Luxuslinern (die taz berichtete über beides, die ersten investieren im klimafreundlichen Sektor, die zweiteren machen aber genau das Gegenteil...), so würde man/frau sich hier s-e-h-r genaue und ausführliche Analysen wünschen.

    • @Werner2:

      Man-frau muß immer die Details anschauen.

      Auch im Detail betrachtet ergibt sich das Bild des Energiekonzerns als Krisen- und Kriegsgewinnlers. Eine Sondersteuer wäre hier angebracht gewesen. Offensichtlich hat der Konzern übermäßige Preissteigerungen zu Lasten der Allgemeinheit realisiert. Da man auf Energie aber prinzipiell nicht verzichten kann, kommt hier die Frage nach Wucherpreisen in den Sinn.