Machtwechsel in Bangladesch: Bald eine echte Demokratie?

Der Machtwechsel in Bangladesch ist ein kleines Wunder. Das Übergangskabinett von Muhammad Yunus macht Hoffnung.

Foto: Abu Sufian Jewel/Middle Eas Images/imago

Wochenlang wurde in Bangladesch protestiert: Was als Studierendenbewegung gegen Quotenregelungen bei der Vergabe von öffentlichen Stellen begann, weitete sich schnell zum Massenprotest aus, dem sich zahlreiche Ar­bei­te­r:in­nen anschlossen. Am Ende war eine Forderung so deutlich wie noch nie in den vergangenen 15 Jahren: Premierministerin Sheikh Hasina muss abtreten. Und tatsächlich, sie wurde gestürzt.

Hasina fehlte am Ende von insgesamt 20 Jahren als Regierungschefin des südasiatischen Landes der Rückhalt in der Bevölkerung sowie des einflussreichen Militärs. Die Demonstrationen wurden mit Gewalt, Ausgangssperren und Internetblockaden unterdrückt; bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften kam es zu Hunderten Toten.

Nicht nur ihr Regierungsstil wurde zunehmend autoritär, auch die Reaktionen auf die anhaltenden Proteste waren so unerbittlich, dass sich das Militär nicht mehr geschlossen hinter sie stellen wollte.

Verständnis für die Unzufriedenheit der Menschen, denen einerseits Freiheitsrechte entzogen wurden und die andererseits mit Arbeitslosigkeit und Inflation zu kämpfen haben, fehlte. Manche sagen daher, Hasinas Arroganz habe sie schließlich zu Fall gebracht.

In den vergangenen Jahren hatte sie ihren Vater Mujibur Rahman als Gründer des Landes überhöht und sich damit als legitime Nachfolgerin zementiert. Freie oder faire Wahlen gab es dagegen schon seit Jahren nicht mehr.

Hasina war jedoch eine Politikerin, die sich ihren Weg an die Spitze nach der Ermordung Rahmans erst erarbeiten musste. Doch dieses Trauma hat sie wohl nie überwunden. Das fällt auf in der Kommunikation: Ihr Sohn spricht davon, dass Hasina von der Bevölkerung „enttäuscht“ sei. Doch die 76-Jährige, die sich seit ihrer Flucht in Indien befindet, steht nun nicht mehr im Mittelpunkt.

Friedensnobelpreisträger is back

Dafür kehrte Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus nach Dhaka zurück. Nun leitet der 84-Jährige die neue Übergangsregierung. Zwei Studierendenvertreter gehören ihr ebenso an wie Angehörige von Minderheiten, ein islamischer Gelehrter und Frauen wie eine Anwältin, die gegen den Bau von Kohlekraftwerken in der Nähe der empfindlichen Mangrovenwälder eintritt.

Sorgen bereitet die für das Land so wichtige Textilwirtschaft, bei der es wegen der Unruhe zu Produktionsrückständen gekommen ist. Doch manche Handelsketten haben angekündigt, keine Preisnachlässe aufgrund von Verzögerungen einzufordern. Das sind die internationalen Signale, die es braucht. Nun bleibt die Hoffnung, dass im 170 Millionen Ein­woh­ne­r:in­nen zählenden Land auch bald freie und faire Wahlen stattfinden.

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Natalie Mayroth schreibt seit 2015 für die taz. Seit 2017 berichtet sie aus Indien und Südasien. Sie kam damals mit einem JournalistInnen-Stipendium nach Indien. In München absolvierte sie 2014 ihren Magister in Europäischer Ethnologie, Soziologie und Iranistik. Natalie Mayroth ist deutsch-iranischer Herkunft.

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