Wahlgesetze in Bosnien und Herzegowina: Dodik in Bedrängnis
Der Präsident der serbischen Teilrepublik, Milorad Dodik, wollte mit einem eigenen Wahlgesetz Fakten schaffen. Jetzt stoppt ihn das Verfassungsgericht.
Das bosnische Verfassungsgericht erklärte, das neue Wahlgesetz der Entität regele Fragen, die bereits durch das Wahlgesetz Bosniens geregelt seien, und übertrage die Zuständigkeiten der Zentralen Wahlkommission von Bosnien auf die untergeordnete Entitätskommission, wodurch gleichzeitig einige Bestimmungen des Wahlgesetzes auf staatlicher Ebene für ungültig erklärt würden.
Kritisch äußerten sich der amtierende OSZE-Vorsitzende Ian Borg und Generalsekretärin Helga Maria Schmid gegenüber Dodiks Wahlgesetz. Die Etablierung von Parallelstrukturen, die die allgemeine Sicherheit und Stabilität des Landes untergraben, verstoße gegen die verfassungsmäßige Ordnung Bosniens.
In der Entscheidung des Gerichts vom 24. Juli hieß es, es müsse die Frage klären, ob die Nationalversammlung der Republika Srpska die Befugnis habe, Bereiche, die in Bosnien bereits auf staatlicher Ebene geregelt sind, anders zu regulieren. Das Gericht erklärte, dass die Umsetzung des Wahlgesetzes der Republika Srpska vor den diesjährigen Wahlen „die Rolle der Zentralen Wahlkommission von Bosnien und Herzegowina ernsthaft untergraben würde“.
Kommunalwahl im Oktober
Es fügte hinzu, dass die Umsetzung des Gesetzes vor den bevorstehenden Kommunalwahlen „dem demokratischen Wahlprozess und der Rechtsstabilität irreparablen Schaden zufügen und die Legitimität des Wahlprozesses gefährden könnte“. Das Gericht ist der Ansicht, dass die Wahlordnung einen der Schlüsselbereiche für die Gewährleistung freier, fairer und transparenter Wahlen darstellt, die den Willen der Bürger widerspiegeln. Bosnien bereitet sich derzeit auf die Kommunalwahlen am 6. Oktober vor.
Im Klartext: Im jetzt gültigen Wahlgesetz für ganz Bosnien und Herzegowina sind nach den Erfahrungen der letzten Wahlen Sicherungen gegen Wahlbetrug eingebaut, die vor allem nach den offensichtlichen Fälschungen bei den letzten Präsidentschaftswahlen zugunsten Dodiks auch den Hohen Repräsentanten Christian Schmidt auf den Plan riefen. Schmidt setzte durch, dass die Wahlen im Oktober transparent und kontrolliert ablaufen können.
Doch noch sind einige Türen für Dodik offen. Die einstweilige Maßnahme, so die Entscheidung des Gerichts, greife der endgültigen Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze in der serbischen Entität nicht vor. In einer endgültigen Entscheidung könnte sich alles wieder ändern.
Dodik versucht nun, die unabhängigen ausländischen Mitglieder des Verfassungsgerichts zu diffamieren und loszuwerden. „Ausländer wollen den Vertrag von Dayton zerstören“, erklärte er gerade. Und ließ seine wahren Absichten erkennen: Wälder und Bodenschätze im staatlichen Besitz unter seine Kontrolle zu bekommen. „Die Ausländer wollten den Staatsbesitz Sarajevo zuschanzen“, erklärte er.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Einigung über die Zukunft von VW
Die Sozialpartnerschaft ist vorerst gerettet
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen