Die Wetterabhängigkeit der Energiewende: Von wegen Solar-Infarkt!

Ein bayerischer Metzger muss seine Solaranlage abstellen, damit das Netz nicht überlastet. Der Fall zeigt: Die Infrastruktur muss grundlegend umgebaut werden.

Solarpanele reflektieren Sonnenstrahlen.

Viele Sonnenstunden bedeuten, es werden viele Speicherkapazitäten für Solarstrom gebraucht Foto: imago

Es ist ein absurder Fall: Da setzt sich ein Metzger eine Solaranlage aufs Firmendach, um günstigen Strom zu bekommen – und dann wird sie ihm vom Netzbetreiber ständig abgedreht. Natürlich, das sogenannte Abregeln von Kraftwerken ist notwendig, wenn ansonsten mehr Strom ins Netz fließen würde als verbraucht werden kann. Und wenn Kraft­werks­be­trei­be­r*in­nen so weniger Strom verkaufen, werden sie entschädigt.

Aber der Metzger will den Strom ja vor allem selbst nutzen. Das Abstellen seiner gesamten Anlage bringt also kaum Entlastung für das Stromnetz, ist aber teuer für den Mittelständler. Er muss plötzlich wieder Strom zukaufen, die schöne Solar-Kalkulation geht nicht auf.

Auch wenn es um einen bizarren Sonderfall geht: Er steht symptomatisch dafür, dass sich Strommarkt und Stromnetz für die Energiewende wandeln müssen. Die Bundesregierung hat immerhin gerade ein Papier mit Optio­nen dafür vorgelegt. Längst sind aber Warnungen vor einem Solar-Infarkt in der Welt. Und tatsächlich gibt es jetzt im Sommer vor allem in den sonnenreichen Mittagsstunden zu viel Strom. Haben wir es übertrieben mit der Sonnenenergie?

Auf keinen Fall. Um klimaneutral zu werden, brauchen wir ein Vielfaches der heutigen Solaranlagen und müssen vor allem klimaschädliche Kohle- und Gaskraftwerke abstellen. Das heißt: Es gibt dann nicht mehr einige wenige Be­trei­be­r*in­nen von Großkraftwerken auf der einen Seite und Ver­brau­che­r*in­nen auf der anderen. Stattdessen gibt es viele Menschen und Unternehmen, die gleichzeitig Strom produzieren, verkaufen und konsumieren.

An die Wetterabhängigkeit der erneuerbaren Energien muss das Netz angepasst werden. Das bedeutet zum Beispiel, dass es mehr Stromspeicher braucht – und Ver­brau­che­r*in­nen Anreize zu einer angepassten Stromnutzung. Wenn es viel Energie gibt, sollte sie nicht nur am Großhandel, sondern auch auf der Stromrechnung billiger sein. Dann sollen die E-Autos laden und die Industrieprozesse laufen. Es wird anders, aber es kann klappen. Ohne Solar-Infarkt.

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Jahrgang 1991, leitet das Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.

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