Bundeskanzler in Belgrad: Scholz' Jagd auf Lithiumquellen
Ein Rohstoffabkommen mit Serbien soll die EU weniger abhängig von China machen. Doch der Lithiumabbau ist im Balkanland umstritten.
Das Metall ist entscheidend für die Energiewende: Der Grundstoff für Lithium-Ionen-Batterien wird für Smartphones und Laptops benötigt, für Elektroroller und E-Bikes. Der größte Teil der Lithiumvorräte wird bislang außerhalb Europas produziert; seit Jahren versucht die europäische Industrie Lieferanten für Lithium in aller Welt zu finden.
Serbien will nun in das Lithiumgeschäft einsteigen. Am Dienstag erteilte die Regierung dem britisch-australischen Konzern Rio Tinto die Lizenz für die größte Lithiummine Europas. Das 2,4 Milliarden Dollar teure Jadar-Lithiumprojekt in Westserbien könnte 90 Prozent des derzeitigen europäischen Lithiumbedarfs decken und das Unternehmen zu einem der führenden Produzenten des Rohstoffes machen.
Wettbewerb mit China
Serbien stellt sich damit in harten Wettbewerb zu China, das auf dem Gebiet der E-Autos mittlerweile führend ist. Chinesische Firmen haben sich in vielen Ländern die Lithiumminen und die Weiterverarbeitung gesichert. Obwohl die Batterietechnik inzwischen von der EU und Deutschland als strategisch wichtiger Bereich betrachtet wird, sind die Bemühungen der europäischen Hersteller und Regierungen um größere Unabhängigkeit von China bisher nicht sehr erfolgreich.
Anfang Mai machte Chinas Präsident Xi Jinping auf seiner Rückreise von Paris in Belgrad Halt – wohl auch, um bei der Gelegenheit auch über Lithiumabkommen zu sprechen.
Der geplante Lithiumabbau hat in Serbien zu Streit geführt. Umweltschützer werfen dem Konzern Rio Tinto massive Umweltschäden vor. Mit dem Abbau des Rohstoffs werde viel Wasser verbraucht und verschmutzt, die Natur werde weitgehend zerstört. Die Rio Tinto Company hat seit 2022 ihr Konzept zwar verändert, doch die Protestbewegung ist weiterhin wachsam.
Ein serbisches Gerichtsurteil hob vor wenigen Tagen aber die Entscheidung der serbischen Regierung von 2022 auf, Rios Lizenz wegen fehlender Umweltschutzmaßnahmen zu annullieren. Rio Tinto begrüßte die Entscheidung und teilte mit, das Projekt werde strengen Umweltauflagen unterworfen sein.
Auch Menschenrechtsaktivisten schlagen Alarm: Deutschland sei dabei, Menschenrechtsstandards gegen Lithium zu verkaufen, befürchten sie.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin