: US-Militär findet keinen Koran im Klo
Das Pentagon bestätigt aber respektlose Behandlung des Korans in Guantánamo in fünf minderschweren Fällen
BERLIN taz ■ Eine Untersuchung des US-amerikanischen Militärs hat am Donnerstag bestätigt, dass es in den letzten Jahren einzelne Fälle der respektlosen Behandlung des Korans im US-Gefangenenlager in Guantánamo gegeben hat. Insgesamt hätten die Ermittler fünf solcher Fälle gefunden, vier davon vor dem Januar 2003. Dabei sei das unkorrekte Vorgehen in drei Fällen absichtlich und in zweien versehentlich geschehen. In keinem Fall aber hätten Verhörspezialisten den Koran absichtlich verächtlich gemacht, um die Häftlinge zu demütigen.
Die Anschuldigung, in einem Fall hätte ein US-Soldat eine Ausgabe des Korans in eine Toilette gestopft, habe sich als haltlos erwiesen. Das Magazin Newsweek hatte Anfang des Monats unter Berufung auf einen anonymen Regierungsmitarbeiter berichtet, der Vorwurf werde in einem zu erwarteten Untersuchungsbericht bestätigt. Nachdem dieser Regierungsbeamte sich dann nicht mehr sicher war, was er wo gelesen hätte, hatte Newsweek den Artikel zurückgezogen. Sein Bekanntwerden hatte zuvor in Pakistan und Afghanistan gewaltsame Proteste ausgelöst. Vor wenigen Tagen war der Vorwurf des im Klo heruntergespülten Korans erneut in die Presse gelangt, als FBI-Materialien aus dem Jahr 2002 veröffentlicht wurden. Darin berichtete ein Agent, ein Gefangener auf Guantánamo hätte ihm gegenüber diesen Vorwurf erhoben.
Der gleiche Gefangene, so Brigadegeneral Jay W. Hood am Donnerstag, habe in einer erneuten Befragung vor zehn Tagen ausgesagt, er selbst sei niemals Zeuge einer ungebührlichen Behandlung des Korans geworden. Er habe lediglich von solchen Vorfällen gehört.
In den FBI-Materialien ist auch davon die Rede, die Wächter würden mitunter auf den Gängen singen und tanzen, wenn die Häftlinge beten wollten.
Bei den fünf Fällen, die sich laut Pentagon bestätigt hätten, handele es sich um mindere Vergehen. In einem Fall sei ein Verhörbeamter versehentlich auf einen Koran getreten, in einem weiteren hätte ein Ermittler zwei Exemplare des Korans auf einen Fernseher gelegt. Alle beteiligten Soldaten hätten damit nicht gegen die seinerzeit geltenden Vorschriften verstoßen, sagte Hood.
Nachdem das Internationale Rote Kreuz mehrfach über Vorwürfe von Guantánamo-Gefangenen hinsichtlich der Behandlung des Korans berichtet hatte, hatte die US-Armee im Januar 2003 neue Richtlinien erlassen. Danach darf der Koran nur durch muslimische Geistliche im Dienste des Militärs berührt werden, nicht durch das normale Wachpersonal. Das hat Anweisung, das Buch, dessen Berühren durch Nichtmuslime manchem Muslim als Frevel gilt, nicht anzutasten.
Die Los Angeles Times berichtete gestern von den Aussagen eines Anwaltes mehrerer Guantánamo-Gefangener, es habe wegen respektloser Behandlung des Korans mindestens zwei Hungerstreiks in Guantánamo gegeben. In einem Fall sei ein Koran in eine Toilette gefallen, während ein Häftling angekettet worden sei. BERND PICKERT
meinung und diskussion SEITE 11
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen