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Deutsche Wohnen & Co enteignenExperte für rechtliches Neuland

DWE hat Remo Klinger mit der Erarbeitung eines Vergesellschaftungsgesetzes beauftragt. Der treibt mit Umweltklagen die Regierung vor sich her.

Remo Klinger 2019 im Oberverwaltungsgericht in Münster Foto: dpa

Berlin taz | Die Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen (DWE) hat am Montag mitgeteilt, die Berliner Kanzlei Geulen & Klinger mit der Erarbeitung eines Vergesellschaftungsgesetzes beauftragt zu haben. Den Schritt, ein eigenes Gesetz zu erarbeiten, um auf dessen Grundlage einen neuen Volksentscheid zu starten, hatten die Mie­ten­ak­ti­vis­t:in­nen im vergangenen Herbst angekündigt. Über ein Crowdfunding hatte die Initiative dafür mehr als 100.000 Euro eingesammelt.

Die Kanzlei ist spezialisiert auf öffentliches Recht, insbesondere hinsichtlich verfassungsrechtlicher Fragen. Als federführender Anwalt agiert Remo Klinger. Er hat vor allem für die Deutsche Umwelthilfe viele maßgebliche Klimaurteile erstritten, darunter das maßgebliche Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das 2021 Klimaschutz Verfassungsrang zubilligte. Auf dieser Grundlage gelang es der Umwelthilfe und Klinger seitdem immer wieder, die Regierung aufgrund mangelhaften Klimaschutzes vor sich herzutreiben, zuletzt im Mai durch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg.

„Remo Klinger ist Experte darin, verfassungsrechtliches Neuland zu erschließen. Er ist der Mann der Stunde“, sagt DWE-Sprecher Achim Lindemann zur taz. Der „Mann der Stunde“ selbst lässt sich dabei mit den Worten zitieren: „Die Vergesellschaftung ist ein Instrument, das spannende Möglichkeiten bietet, um der Wohnungskrise in unseren Großstädten etwas entgegenzusetzen.“ Klinger ist gleichwohl nicht allein verantwortlich, sondern arbeitet zusammen mit weiteren An­wäl­t:in­nen der Kanzlei und einem juristischen Beirat der Initiative.

Laut Lindemann laufe die Arbeit seit Monaten und komme gut voran: „Wir sind tief in den Einzelfragen.“ Regelmäßig beraten Anwälte und Beirat in einem Jour fixe, um sich „über Fortschritte und Baustellen auszutauschen“. Immer wieder würden auch externe Rechts­ex­per­t:in­nen herangezogen, um der „komplexen“ Materie, wie auch Klinger sagt, gerecht zu werden.

„Lieber gründlich als schnell“

Das beabsichtigte Gesetz, das die zu vergesellschaftenden Bestände bestimmen und Art und Ausmaß der Entschädigung regeln soll, „berührt Fragen des Verfassungs-, Grundstücks- oder Haushaltsrechts“, sagt Lindemann. Zudem würde zusätzlich ein zweites Gesetz erarbeitet, das festlegt, wie die vergesellschafteten Wohnungen verwaltet werden sollen.

Entgegen der ursprünglichen Hoffnung wird der Prozess in diesem Jahr noch nicht abgeschlossen sein. „Wir arbeiten lieber gründlich als schnell“, so Lindemann. Ziel ist es, mit einem wasserdichten Gesetz in einen neuen Volksentscheid zu gehen.

Mit dem ersten erfolgreichen Entscheid 2021 war der Senat aufgefordert worden, die Vergesellschaftung der privaten Wohnungskonzerne mit mehr als 3.000 Wohnungen in der Stadt in die Wege zu leiten. Der demokratische Mehrheitswille wird indes seit Jahren verschleppt und von CDU und SPD politisch abgelehnt. Dagegen würde ein fertiges Gesetz als Grundlage eines Volksentscheids mit dem Tag seiner Annahme in Kraft treten.

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5 Kommentare

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  • Ein solches Gesetz kann man ohne weiteres innerhalb von 4 Stunden schreiben. Das hätte ich für etwas weniger als 100.000 Euro gemacht.

    Das einzige Problem dabei ist, dass das Gesetz auch "Art und Ausmaß" der Entschädigung regeln müssen. Das ist viel komplexer als bei Art 14 GG, nach welchem auch eine Regelung "auf Grund eines Gesetzes" möglich wäre. Das saugt sich der Anwalt nicht aus den Fingern, sondern die Vorschläge müssen von der DWE kommen. Nur genau daran fehlt es bisher noch immer.

    • @DiMa:

      "Das einzige Problem dabei ist, dass das Gesetz auch "Art und Ausmaß" der Entschädigung regeln müssen. (...) Das saugt sich der Anwalt nicht aus den Fingern, sondern die Vorschläge müssen von der DWE kommen. Nur genau daran fehlt es bisher noch immer."

      erst mal informieren statt sofort unwahrheiten zu verbreiten:

      content.dwenteigne...UNG_2df83c0e0e.pdf

      content.dwenteigne...che_3f00bb5a57.pdf

      www.rosalux.de/new...60931503eb07e5910e

      • @Pflasterstrand:

        Ernsthaft?

        Hier die Regelung:



        www.gesetze-im-int....de/gg/art_15.html

        Im Vergleich dazu:



        www.gesetze-im-int....de/gg/art_14.html

        Die Unterschiede drängen sich ja auf.

        Die benannte Zinssätze: Hohoho.

        Und bei der steuerlichen Bewertung, welche noch am ehesten tragfähig sein dürfte, greift die Initative ausgerechnet auf eine Bewertungsgrundlage zurück, die nicht mehr angewendet wird. Das Ertagswertverfahren, welches hingegen für die Erbschaftsteuer angewendet wird, will man dagegen nicht anwenden, weil die Ergebnisse zu hoch sind. Nice - Steuern sollen drauf bezahlt werden, Entschädigungen aber bitte bitte nicht.

        Ja, die Berechnungen der Initative ziehe ich mir immer ganz gerne rein, wenn ich zum Lachen in den Keller gehe.

        Und wenn man denn dann irgendeinen Wert erwürfelt hat diesen mit Faktor X multipliziert (oder dividiert oder bestenfalls beides) dann Faktor Pie, Daumen und Fensterkreuz einrechnet muss man noch bedenken, dass das Land Berlin an die Schuldenbremse gebunden ist.

    • @DiMa:

      Na dann mal los.

      • @eicke81:

        Ein wenig konkreter sollten Sie hinsichtlich des Honorars schon werden.