Nach Huthi-Drohnenangriff: Israel greift Ziele im Jemen an

Nach dem Drohnenangriff auf Tel Aviv haben israelische Kampfjets erstmals Huthi-Ziele im Jemen beschossen. Netanjahu hält an USA-Reise fest.

Flammen in der jemenitischen Hafenstadt Hodeida, davor Straßenszene.

Mindestens sechs Menschen sollen durch die israelischen Angriffe getötet worden sein: Hodeida im Jemen am Samstag Foto: ap

JERUSALEM taz | Der Beginn der neuesten Eskalation in Nahost ist in einem auf Social Media kursierendem Video zu besichtigten: Es zeigt die von der jemenitischen Huthi-Miliz stammende Drohne, die in der Nacht zu Freitag in Tel Aviv eine Explosion auslöste, einen Menschen tötete und mehrere verletzte. Aufgenommen wurde es am Stadtstrand von Tel Aviv, das laute Röhren des Flugkörpers ist deutlich zu hören. Ein Alarm ertönt nicht. Die Drohne kommt über dem Meer angeflogen und verschwindet dann zwischen den Häusersilhouetten. Kurz darauf ist eine Explosion zu sehen.

Laut Angaben des israelischen Militärs wurde die Drohne wegen eines „menschlichen Fehlers“ nicht korrekt als feindlich identifiziert, obwohl sie wohl minutenlang unter Beobachtung des Militärs stand. Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Israels Militär bombardierte am Samstag mit dem Hafen der jemenitischen Stadt Hodeida Stützpunkte der vom Iran unterstützen Miliz. Bei den Luftangriffen wurde wohl eine Raffinerie getroffen sowie Infrastruktur der Energieversorgung.

Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters, die sich auf medizinisches Personal im Jemen bezieht, wurden mindestens sechs Menschen getötet und Dutzende verletzt – auch wegen eines durch die Luftschläge ausgelösten Feuers. Israels Premier Benjamin Netanjahu erklärte, der Hafen sei für „militärische Zwecke“ genutzt worden und sei ein „Eintrittspunkt für tödliche Waffen aus dem Iran“.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs im vergangenen Herbst bemühen sich die Huthis im Jemen, Israel zu schaden – ebenso wie die anderen Milizen der selbstproklamierten pro-iranischen „Achse des Widerstands“, etwa die Hisbollah im Libanon. Die schoss etwa am Sonntag Raketen auf eine leerstehende Schule im Norden Israels, was zu einem Brand führte.

Angespanntes Verhältnis zwischen Netanjahu und Biden

Bisher waren vor allem die Kampagnen der Huthis gegen die internationale Schifffahrt im Roten Meer und in der Meeresstraße Bab el-Mandeb erfolgreich. Die führten dazu, dass Schiffsrouten geändert werden mussten. Außerdem schoss die Miliz mehrmals Raketen auf die südliche israelische Küstenstadt Eilat. Wegen der Angriffe auf den internationalen Schiffsverkehr gehen unter anderem die USA bereits seit Monaten gegen die Huthis vor und haben Stützpunkte der Miliz im Jemen bombardiert. Israel selbst hielt bisher die Füße recht still.

Am Sonntag schlugen die Huthis wiederum zurück und schossen eine Rakete auf Eilat, die Israels Raketenschutzsystem Arrow allerdings abfing. Ob Israel bei dem Angriff im Jemen – über 1.700 Kilometer von Israel entfernt – den Luftraum der beiden Anrainerstaaten des Roten Meeres, Saudi-Arabien und Ägypten, nutzte, blieb unklar. Das saudische Verteidigungsministerium dementierte sogleich, dass Israel seinen Luftraum für den Angriff im Nachbarland des Königreichs habe nutzen dürfen. Und Ägypten verurteilte den Luftschlag Israels deutlich.

Die jüngsten Vorfälle lassen die Sorge vor einem Flächenbrand in der Region erneut wachsen. Zumal der Iran und Israel am Wochenende gegenseitig Warnungen aussprachen. Den großen Wendepunkt in einem Krieg zwischen Israel und der „Achse des Widerstands“ dürfte der Drohnenangriff auf Tel Aviv aber nicht darstellen. Bisher hat das israelische Militär keine zusätzlichen Warnungen an die israelische Öffentlichkeit herausgegeben. Auch die seit längerem geplante USA-Reise von Premier Netanjahu in dieser Woche soll weiterhin stattfinden.

Der Besuch ist durch das angespannte Verhältnis zwischen Netanjahu und US-Präsident Joe Biden vorbelastet. Washington hatte mehrfach die Kriegsführung Israels in Gaza deutlich kritisiert. Zwar konnten sich beide Seiten immer wieder zusammenraufen, doch Meinungsverschiedenheiten sind geblieben – etwa bezüglich eines Plans für eine Nachkriegsordnung für den Gazastreifen. Sicher scheint jedoch: Am Dienstag sollen Netanjahu und Biden persönlich zusammenkommen. Tags drauf soll der Premier im Kongress sprechen – auf Wunsch der Republikaner. Einige Demokraten wollen die Rede boykottieren.

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