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Arbeiten in dieser KiTa auch Männer oder nur Frauen ?
Wenn es für wen-auch-immer hochgradig wichtig ist, dass eine Kita "muslimisch" ist, bedeutet das 1:1 dass das Zusammen-Aufwachsen mit Nicht-Muslimen nicht gewollt ist.
Es geht um die Herrschaft über die Entwicklung des Denkens der Kinder - und die soll lückenlos muslimisch sein: von der Familie zuhause über die Kita, die Koranschule und -vorhersehbar- schließlich über rein muslimische Schulen. Denn wer wollte die mit welcher Begründung verweigern, wenn Kitas rein muslimisch sein können ? Und am Horizont taucht auch eine muslimische Universität auf.
Die juristisch feine Unterscheidung zwischen Bildungseinrichtung und "allem anderen" wird sich dann auflösen.
Das geht nicht gut aus.
Kitas gelten – außer in Bayern – nicht als Bildungseinrichtungen und werden daher auch aus dem Sozialetat finanziert. Aber jenseits solcher Spitzfindigkeiten: Wieso sollten Bildungseinrichtungen eigentlich weltanschaulich neutral sein - was ohnehin eine verschleiernde Wortwahl ist, denn der Säkularismus ist eben auch eine Weltanschauung – hier zeigt sich, im Detail, ein verbreiteter Unwillen das eigene Weltbild als solches wahrzunehmen, was umso problematischer ist, weil man sich damit der Diskussion entzieht (was, siehe Frankreich, einen Umschlag ins Autoritäre umso leichter macht). Es gibt in Deutschland einen nicht unwesentlichen Anteil an religiösen Menschen – und die haben erst einmal dasselbe Recht auf einen gesellschaftlichen Gestaltungsanspruch wie Atheisten. Was die Entscheidung über die Zulässigkeit angeht: Ja, klar, wieso sollten das nicht die Jugendämter entscheiden? Man kann klare Kriterien definieren, denen Kitas gerecht werden müssen, wenn sie staatliche Finanzierung in Anspruch nehmen. Das Problem stellt sich ja auch bei nicht-religiösen Kitas (man denke an den Versuch, solcher Angebote von Rechts).
Vielen Dank für Ihre Argumentation in Ihrem Artikel. Ich sehe die Sache anders:
Religionsfreiheit ist m.E. nicht ausschließlich ein nagativer Begriff (frei von Religion). Er ist auch positiv zu verstehen (frei für Religion). Gerade in einer demokratischen Gesellschaft ist es wichtig Angebote verschiedener religiöser Träger zu haben, um ebendiese Religionsfreiheit zu wahren. Dass damit natürlich nicht andere Formen von Diskriminierungen einhergehen dürfen, sollte klar sein. Aber das gilt für jede staatlich finanzierte Einrichtung (auch wenn das leider nicht überall eingehalten wird, was m.E. aber nicht ein Argument gegen Religionsfreiheit sein darf.)
Die gängige Kritik an verschiedenen Religiositäten orientiert sich häufig an deren Ideologien. Dies mag in vielen Fällen richtig sein, kann jedoch nicht verallgemeinert werden. Jede Einrichtung orientiert sich an irgendwelchen Ideologien, die mal menachenfreundlicher, mal menschenfeindlicher sind. Es ist eine bewusste Entscheidung seine KiTa demokratisch, neoliberal, religiös oder antireligiös zu gestalten. Wenn man das nicht tut, schwimmt man blind mit dem Strom. Von daher finde ich es gut, dass es eine muslimische KiTa gibt.
@Mzungu98 Völlig richtig.
Anders als in Frankreich, wo der Staat so tut, als gäbe es keine Religion (und die Religion, die es nicht gibt, ist die römisch-katholische; und warum Weihnachten ein staatlicher Feiertag ist, fragen wir lieber nicht), und deswegen auch keine gesetzliche Handhabe zum Umgang mit z.B. dem Islam hat, ist das Verhältnis des Staates zur Religion in der Bundesrepublik eines der wohlwollenden Neutralität. Staat und Religion bzw. Religionsgemeinschaften werden vom Grundgesetz NICHT als unversöhnliche Gegensätze definiert, ganz im Gegenteil.
Im Grunde ist Kirchen- und ReligionsFEINDSCHAFT nicht wirklich mit dem Grundgesetz zu vereinbaren. Man hat natürlich jedes Recht dazu, als Individuum gegen Religion an sich zu sein, aber der Staat Bundesrepublik eben NICHT. Die Bundesrepublik erkennt Religion und Religionsgemeinschaften an und sieht sie erstmal als etwas prinzipiell gutes oder zumindest schützenswertes an.
Es ist immer wieder faszinierend, wie wenige Menschen das verstehen - und nicht mal nur Ostdeutsche.
Wo leben sie denn ?
Keine Stadt, kein Ort, kein Dorf (im ehemaligen "Westen") in dem nicht Kindergärten und -tagesstätten der beiden großen Religionsvereinigungen Deutschlands etabliert sind - staatlich finanziert wohlgemerkt.
Und dann schauen sie sich mal manche Kita in privater oder städtischer Trägerschaft an. Da wird zum Teil nicht mal mehr Weihnachten (Ostern, Pfingsten usw) gefeiert ("es gibt Kinder bei uns für die das Weihnachtsfest zu Kontroversen in der Familie führen könnte") oder Geburtstage ("wir haben Kinder aus Glaubengemeinschaften bei denen kein Geburtstag gefeiert wird - und die wollen wir nicht ausgrenzen")
Also warum sollte ein muslimischer Kindergarten da nicht das gleiche Existenzrecht haben ?
In Westdeutschland waren bis weit in die 2000er sehr viele Kindergärten kirchlich. Oft war es schlicht und einfach der einzige Kindergarten vor Ort. Und? Sind die Westdeutschen alle fanatische Kirchgänger? Wurden muslimische Kinder, die diese Kindergärten selbstverständlich auch besuchten, massenhaft zum Christentum bekehrt?
Die Trennung von Staat und Religion ist mehr als überfällig.
Nur dann auch richtig. So kann es nicht sein das der Staat die Kirchensteuer einzieht und das auch nich unentgeltlich, etc....
Ein US-Wahljahr wie kein anderes: Monate vor der Wahl gibt Joe Biden seine Präsidentschaftskandidatur auf. Und schlägt Vizepräsidentin Kamala Harris vor.
Trennung von Staat und Kirche: Religion gehört nicht in die Kita
In Neumünster eröffnet die erste muslimische Kita Schleswig-Holsteins. Das ist eine verständliche Entscheidung, aber es bleibt ein fahler Beigeschmack.
Anderswo schon Alltag: Im niedersächsischen Gifhorn eröffnete 2018 der christlich-muslimische Kindergarten „Abrahams Kinder“ Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa
Wer weiß, wie vielen Vorurteilen muslimische Eltern ausgesetzt sind, der ahnt, warum das Angebot einer muslimischen Kita, wie sie im schleswig-holsteinischen Neumünster geplant ist, anziehend ist. Endlich ein Ort, wo nicht mal wieder „vergessen“ wird, dass in dieser Süßigkeit oder jenem Gericht Gelatine ist, die aus Schweinefleisch gewonnen wird.
Ein Ort, an dem Mütter nicht gleich als Dummerchen behandelt werden, nur weil sie ein Kopftuch tragen. Wo niemand gleich „kleiner Pascha“ denkt, wenn der Junge sich daneben benimmt und an dem sich niemand rechtfertigen muss, sollten die Kinder im Ramadan halt ein bisschen müde und quengelig sein, weil sie bis zum Fastenbrechen nach Sonnenuntergang wach geblieben sind.
Und trotzdem bleibt ein schaler Beigeschmack. Ist noch mehr Religion in Kitas wirklich gut? Sollte man sie im Sinne einer offenen, pluralistischen Gesellschaft nicht eigentlich aus allen Bildungseinrichtungen zurückdrängen und die Trennung von Staat und Kirche endlich einmal vollziehen?
Bei allem Respekt für gläubige Menschen und allem Verständnis dafür, dass sie ihren Glauben weitergeben möchten: Bitte machen Sie das gern zu Hause. Im Elternhaus, in den Gemeinden. Nicht in einer Bildungseinrichtung, die vom Staat finanziert wird.
Die sollte Rücksicht nehmen auf religiöse Gefühle und Gepflogenheiten, aber weltanschaulich neutral bleiben. Und ja, das gilt erst recht für evangelische und katholische und sonstige Kitas.
Wer soll entscheiden, welche Religion ok ist?
Wer soll denn da sonst noch um die Ecke kommen? Die Zeugen Jehovas, weil es viel leichter ist, den Kindern Harry Potter und Geburtstagsfeiern zu verbieten, wenn alle das machen? Irgendwelche Freikirchen, die den Kindern verbieten, mit Dinosaurierfiguren zu spielen, weil das gegen die biblische Schöpfungslehre verstößt und ihnen erzählen, das Schwule in die Hölle kommen? Wer soll denn entscheiden, welche und wie viel Religion gerade noch okay ist und welche nicht? Die zulassenden Jugendämter?
Das Argument, „du musst dein Kind da ja nicht hinschicken“ ist schwierig, weil die Auswahl an den meisten Orten ja nicht groß ist
Das Argument, „du musst dein Kind da ja nicht hinschicken“ ist an dieser Stelle schon deshalb schwierig, weil die Auswahl an den meisten Orten ja nicht so groß ist. Es gibt eben oft nur eine begrenzte Anzahl an Kitas, die in einer halbwegs sinnvollen, zeitlich machbaren Entfernung von Zuhause und Arbeitsplatz liegen und passende Betreuungszeiten anbieten.
Was ist denn, wenn man am Ende nur noch die Wahl hat zwischen „Jesus liebt dich“ und Job aufgeben? Gilt das Recht auf einen Kita-Platz eigentlich auch dann als erfüllt, wenn damit eine unerwünschte religiöse Indoktrinierung verbunden ist?
Staatliche Bildungseinrichtungen sollten religionsfrei sein – und Anhänger aller Religionen willkommen heißen. Weil auch das in einem demokratischen Staat nicht früh genug eingeübt werden kann: Mit Leuten klarzukommen, die ganz anders ticken als man selbst.
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Kommentar von
Nadine Conti
Autor*in
Niedersachsen-Korrespondentin der taz in Hannover seit 2020
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