+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Teilrückzug westlich von Bachmut

Die ukrainische Armee muss Teile der Kleinstadt Tschassiw Jar westlich von Bachmut aufgeben. Auch andere Ortschaften sind wieder unter russischem Beschuss.

Luftbild zerstörter Häuser in Tschassiw Jar

Nur noch Trümmer: Tschassiw Jar am 29.04.2024, auf einem Foto der ukrainischen Polizei

Rückzug bei Tschassiw Jar

Nach monatelangen Kämpfen hat die ukrainische Armee den östlichsten Teil der Kleinstadt Tschassiw Jar im Donezker Gebiet aufgeben müssen. „Die Stellungen unserer Verteidiger sind zerstört worden“, sagte der Sprecher der zuständigen Armeegruppierung „Chortyzja“, Nasar Woloschyn, der Agentur Interfax-Ukraine zufolge. Es sei daher nicht mehr zweckmäßig gewesen, den Stadtteil Kanal zu halten. Ein Rückzug auf neue Positionen sei befohlen worden.

Es gebe dort kein einziges unbeschädigtes Gebäude mehr. „Bombardements und Artilleriebeschuss hinterließen eine Mondlandschaft“, stellte der Sprecher fest. Vor einer Woche hatte Woloschyn noch gesagt, dass die ukrainische Armee den russischen Gegner aus dem Stadtteil weitgehend vertrieben habe.

Zuvor hatte die russische Armee bereits die Eroberung dieses und des benachbarten Stadtteils verkündet. Berichten zufolge sind vom russischen Militär unter anderem massiv schwere Gleitbomben gegen ukrainische Positionen eingesetzt worden. Die russische Armee rückt seit dem Frühjahr auf Tschassiw Jar vor, das westlich des 2023 eroberten Bachmut liegt. Bei einer Einnahme des erhöht liegenden Orts eröffnet sich für Russland der Weg auf den Ballungsraum um die Stadt Kostjantyniwka.

Auch an anderen Frontabschnitten erzielte das russische Militär Geländegewinne. So verzeichneten ukrainische Militärbeobachter Fortschritte unter anderem beim ebenfalls im Donezker Gebiet gelegenen Torezk. Zudem sollen sich russische Einheiten an einem dritten Abschnitt im Gebiet Charkiw an der Staatsgrenze festgesetzt haben. (dpa)

Putin und Xi vertiefen anti-westliches Bündnis

Beim Gipfel der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) in Kasachstan haben der chinesische Präsident Xi Jinping und sein russischer Kollege Wladimir Putin ihr Bündnis als Gegengewicht zur westlichen Welt bekräftigt. Xi rief die Teilnehmer zum Abschluss des Treffens in Astana am Donnerstag dazu auf, sich „gegen Einmischung von außen zu wehren“. Putin betonte, „neue Zentren“ politischer und wirtschaftlicher Macht seien auf dem Vormarsch.

Xi forderte die Mitgliedstaaten auf, sich gegenseitig zu „unterstützen, uns um die Belange des anderen zu kümmern (…) und die Zukunft und das Schicksal unserer Länder sowie den Frieden und die Entwicklung in der Region fest in die eigenen Hände nehmen“. Es sei von „entscheidender Bedeutung“, dass die SCO „auf der richtigen Seite der Geschichte“ stehe. Putin sagte, die „multipolare Welt“ sei nunmehr „Realität“. Zudem begrüßte er die Aufnahme des russischen Verbündeten Belarus in die Gruppe. (afp)

Gericht: Franzose bleibt in Untersuchungshaft

Im Fall des in Russland inhaftierten Franzosen Laurent Vinatier ist in einem Berufungsverfahren ein Antrag auf Hausarrest abgelehnt worden. Das Gericht in Moskau hielt am Donnerstag an einer vorhergegangenen Entscheidung fest, wonach Vinatier mindestens bis zum 5. August in Untersuchungshaft bleiben muss. Vinatier, der für die Schweizer Nichtregierungsorganisation Zentrum für Humanitären Dialog (HD) tätig ist, war am 6. Juni in Moskau festgenommen worden. Dem 47-Jährigen wird vorgeworfen, sich nicht als „ausländischer Agent“ registriert zu haben.

Das Gesetz über „ausländische Agenten“ wird von den russischen Behörden genutzt, um gegen Kritiker und Gegner vorzugehen oder diese zu überwachen. Vinatier drohen im Falle einer Verurteilung wegen dieses Vorwurfs bis zu fünf Jahre Haft. Vinatier wird jedoch auch zur Last gelegt, Informationen über das russische Militär gesammelt zu haben, die „gegen die Sicherheit des Staates verwendet werden könnten“. Dies könnte bei einer Verurteilung eine höhere Strafe zur Folge haben. (afp)

Kreml: Modi reist kommende Woche zu Putin

Der indische Premierminister Narendra Modi will nach Kremlangaben in der kommenden Woche Russland besuchen. Geplant seien Gespräche mit Präsident Wladimir Putin, hieß es in einer Erklärung vom Donnerstag zur geplanten Visite am 8. und 9. Juli. Modis Reise hatten russische Regierungskreise schon im Juni angekündigt, doch wurden die genauen Daten erst jetzt mitgeteilt.

Indien und China sind zu Hauptabnehmern von russischem Öl geworden, seitdem mit den wegen Russlands Krieg verhängten Sanktionen westliche Märkte für russische Exporte weitgehend geschlossen sind.

Unter Modi hat es Indien bisher vermieden, das russische Vorgehen in der Ukraine zu verurteilen. Vielmehr betont der Premierminister die Wichtigkeit einer friedlichen Lösung des Ukraine-Konflikts. Zuletzt war der kürzlich wiedergewählte Modi 2019 für ein Wirtschaftsforum in Wladiwostok nach Russland gereist. (ap)

Baerbock: Russland bleibt größte Bedrohung

Vor dem Nato-Gipfel hat der Bundestag über die 75-jährige Geschichte des Verteidigungsbündnisses und die weitere Ausrichtung in Zeiten des russischen Angriffskriegs in der Ukraine debattiert. Russland bleibe „auf absehbare Zeit die größte Bedrohung für Sicherheit und Freiheit in Europa“, sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne).

Russlands Präsident Wladimir Putin greife in der Ukraine auch Frieden und Freiheit in Europa an, sagte Baerbock. Darauf müsse Deutschland seine Verteidigungspolitik ausrichten und – wie von der Nato gefordert – mindestens zwei Prozent in Verteidigung investieren. Auch die Unterstützung der Ukraine sei „keine Charity-Geste“, sagte Baerbock. Sie diene Deutschlands Sicherheit und dem Erhalt von Freiheit in Europa.

Klar sei aber auch, dass Deutschland und die anderen Nato-Mitglieder sich stärker für die eigene Verteidigung engagieren müssten, sagte die Ministerin. „Unabhängig vom Wahlausgang in den USA“ müsse die Nato „europäischer werden, damit sie transatlantisch bleibt“. Dies müsse auch in den gerade laufenden Haushaltsverhandlungen deutlich werden. (ap)

Belarus nun Mitglied in Shanghaier Sicherheitsorganisation

Das autoritär geführte Belarus (früher Weißrussland) ist offiziell neues Mitglied der für internationale Sicherheitsfragen gegründeten Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO). Der russische Präsident Wladimir Putin, Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping und andere Staatenführer unterzeichneten beim SCO-Gipfel in Astana die Dokumente zur Aufnahme von Belarus. Der Präsident der zentralasiatischen Republik Kasachstan, Kassym-Schomart Tokajew, der in diesem Jahr den SCO-Vorsitz hat, gratulierte Machthaber Alexander Lukaschenko, der als letzter Diktator Europas gilt. (dpa)

Zwei Menschen bei Saporischschja getötet

Bei einem russischen Angriff auf die südukrainische Region Saporischschja sind nach Angaben des örtlichen Gouverneurs zwei Menschen getötet worden. „Ein Mann und eine Frau starben durch feindlichen Beschuss“, erklärte Gouverneur Iwan Fedorow am Donnerstag im Onlinedienst Telegram. Ein weiterer Mann sei verletzt worden. Russland führte nach Fedorows Angaben in den vergangenen 24 Stunden 391 Angriffe auf zehn Siedlungen aus.

Russland hat die Region Saporischschja zwar für annektiert erklärt, sie kontrolliert sie aber nicht zur Gänze. Am Mittwoch hatte Moskau der Ukraine vorgeworfen, ein Umspannwerk in der Nähe des Atomkraftwerkes Saporischschja mit Drohnen angegriffen zu haben. Dabei seien acht Menschen verletzt worden.

Unterdessen meldete Russland, ein Mig-29-Kampfflugzeug bei einem Angriff auf einen Militärflugplatz im Zentrum der Ukraine zerstört zu haben. Der Stützpunkt in Dolginzewo sei von einer ballistischen Rakete des Typs Iskander getroffen worden, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau am Donnerstag. Dabei seien der Kampfjet sowie andere Ausrüstung und Fahrzeuge zerstört worden. Das Ministerium veröffentlichte Bilder des Angriffs im Onlinedienst Telegram. Schon am Dienstag hatte Russland erklärte, fünf ukrainische Su-27-Kampfflugzeuge auf einer Basis nahe Myrgorod etwa 150 Kilometer von der russischen Grenze entfernt zerstört zu haben. (afp)

Russische Zentralbank für Krypto gegen Sanktionen

Die russische Zentralbank ermutigt die Unternehmen des Landes angesichts der westlichen Sanktionen, für Geschäfte mit ausländischen Partnern auf alternative Zahlungsmethoden wie Kryptowährungen zurückzugreifen. Notenbankchefin Elwira Nabiullina räumte am Mittwoch auf einer Konferenz in Sankt Petersburg ein, entsprechende Zahlungen seien eine der zentralen Herausforderungen für die russische Wirtschaft. Allerdings böten die neuen Finanztechnologien auch neue Möglichkeiten. „Deshalb haben wir unsere Haltung zur Verwendung von Kryptowährungen bei internationalen Zahlungen aufgeweicht und erlauben nun den Einsatz digitaler Vermögenswerte bei solchen Zahlungen.“

Der Chef der zweitgrößten russischen Bank VTB, Andrej Kostin, sagte auf der Tagung, die Mechanismen zur Erleichterung internationaler Zahlungen sollten vom Gesetzgeber als Staatsgeheimnis eingestuft werden. „Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass genau jetzt in diesem Moment in der US-Botschaft ein Untersekretär sitzt und jede unserer öffentlichen Aussagen aufschreibt. Vielleicht sitzt er sogar hier.“ Was immer auch auf russischer Seite unternommen werde, die Reaktion der westlichen Länder sei „sehr schnell“, sagte Kostin. Zahlreiche westliche Staaten haben nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine Strafmaßnahmen verhängt (rtr)

Selenskyj appelliert nach tödlichen Angriffen an Verbündete

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bittet die Verbündeten um mehr Flugabwehr-Systeme für sein Land. Er verwies dabei auf den jüngsten russischen Raketenangriff auf die Großstadt Dnipro, bei dem fünf Menschen getötet und über 50 weitere verletzt worden seien. Auch Wohngebäude und ein Krankenhaus sollen beschädigt worden sein.

„Es gab auch Raketenangriffe auf unsere anderen Regionen, Lenkbomben auf Charkiw und unsere Frontstellungen“, sagte Selenskyj gestern in seiner abendlichen Videoansprache. Beim Angriff auf einen Vorort von Charkiw wurden nach ukrainischen Angaben 14 Menschen verletzt.

Zur Abwehr dieser Angriffe benötige die Armee seines Landes mehr Waffen, sagte Selenskyj. „Wir können das alles nur mit mehr Luftverteidigungssystemen, nur mit mehr Langstreckenangriffen auf die Stützpunkte und Luftstützpunkte der russischen Terroristen stoppen.“ (dpa)

Schwere Kämpfe bei Pokrowsk in der Ostukraine

Die Umgebung der ostukrainischen Stadt Pokrowsk in der Region Donezk steht aktuell im Fokus des Frontgeschehens. Nach Darstellung der dort eingesetzten 47. mechanisierten Brigade der ukrainischen Streitkräfte versuchen russische Truppen, die Verteidigungslinien der Ukrainer zu durchbrechen. Dabei setze das russische Militär in erster Linie auf massierte und von Kampfdrohnen unterstützte Infanterieangriffe, sagte Brigadesprecherin Anastasija Blischtschik im Fernsehen.

„Dass wir seit einem Monat kaum gepanzerte Fahrzeuge auf dem Gefechtsfeld sehen, ist zumindest einzigartig, da ihnen (den Russen) diese Waffen ausgegangen sind“, sagte Blischtschik. Aufklärungsdrohnen zeigten „riesige Friedhöfe“ zerstörter gepanzerte Fahrzeuge. Deswegen versuche die russische Seite, das Kampfgeschehen mit starken Infanteriekräften zu dominieren.

Nach Darstellung des Generalstabs in Kiew versucht das russische Militär, in der Region um Pokrowsk „die Schlagzahl zu erhöhen“. Entsprechend würden die Verteidigungslinien verstärkt und mehr Munition an diesen Frontabschnitt gebracht. (dpa)

Sechs Milliarden Euro für Panzer und Patriot-Systeme

105 Kampfpanzer, vier Luftabwehrsysteme Patriot und Lenkflugkörper sowie Munition für die Artillerie: Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat ein mehr als sechs Milliarden Euro umfassendes Paket für die neue Ausrüstung der Bundeswehr auf den Weg gebracht.

Mit den Kampfpanzern vom Typ Leopard 2A8 solle die künftige Brigade Litauen ausgestattet und zudem wesentliche und seit Jahren bestehende Lücken in der Bundeswehr geschlossen werden, sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) nach der Sitzung in Berlin. Er erklärte: „Wir haben es heute wirklich geschafft, wesentliche Rüstungsprojekte auf den Weg zu bringen, die in den nächsten Jahren dann im Zulauf sein werden.“

„Die Beschaffung von Munition wird deutlich beschleunigt und erweitert. Damit bekommt auch die Industrie in Deutschland für dieses Jahrzehnt eine substanzielle Grundlage für ihre Planung, die Bundeswehr volle Lager und die Ukraine dringend benötigten Nachschub“, teilten die Berichterstatter der Regierungsparteien, Andreas Schwarz (SPD), Karsten Klein (FDP) und Sebastian Schäfer (Grüne) nach den Entscheidungen mit. (dpa)

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