Haushaltsentwurf: Afghanistan-Aufnahme wackelt

Menschenrechtsorganisationen warnen vor den Kürzungen im Haushaltsentwurf. Die Aufnahme gefährdeter Af­gha­n*in­nen wird dadurch erschwert.

Protestumzug in Berlin, die Teilnehmenden fordern auf einem Transparent "Don´t forget Afghanistan

Protest im August 2022 – Die Afghanistan-Aufnahme wackelt nicht, da es die fast gar nicht gibt Foto: Christian Mang

BERLIN taz | Dem Aufnahmeprogramm für afghanische Men­schen­recht­le­r*in­nen und Hel­fe­r*in­nen der Bundeswehr droht das Ende. Im Haushaltsentwurf des Kabinetts ist nur noch ein minimaler Betrag für solche Zwecke vorgesehen. Die Linke und zahlreiche Menschenrechtsorganisationen kritisieren die geplanten Einsparungen scharf.

Bei der Präsentation des Haushalts stritt Bundesfinanzminister Lindner (FDP) auf Nachfrage der taz zwar ab, dass das Aufnahmeprogramm eingestellt werde. Die Zahlen im Haushaltsentwurf sind aber relativ eindeutig: Der Posten „Resettlement und Leistungen im Rahmen der humanitären Hilfe“ beläuft sich auf nur rund 9 Millionen Euro – kaum mehr als ein Zehntel des bisherigen Betrags von rund 70 Millionen.

Damit ließe sich das Bundesaufnahmeprogramm für Af­gha­n*in­nen wohl nicht mehr finanzieren. Laut Lindner soll es aber noch weitere Besprechungen zwischen Bundes­innenministerium und dem Auswärtigen Amt geben, die für das Programm verantwortlich sind. Ohnehin stehen zunächst noch Verhandlungen im Bundestag an, bevor der Haushalt dort beschlossen wird.

Aufgelegt 2022 sieht das Aufnahmeprogramm die Evakuierung von Af­gha­n*in­nen nach Deutschland vor, die als sogenannte Ortskräfte die Bundeswehr bei ihrem Einsatz bis 2020 unterstützten und nun von den Taliban bedroht werden. Ebenfalls eingeflogen werden die Familien von Ex-Ortskräften sowie Menschenrechtler*innen.

Auch wegen der intensiven Sicherheitsüberprüfung kamen bisher aber nur wenige hundert Personen über das Aufnahmeprogramm nach Deutschland. Über 32.000 gefährdete Af­gha­n*in­nen wurden dagegen mit anderweitiger Unterstützung der Bundesregierung eingeflogen, etwa über ein sogenanntes Listenverfahren, das dem Aufnahmeprogramm vorangegangen waren.

Kritik an den Kürzungsplänen gab es am Mittwoch aus den Reihen der Ampelfraktionen nicht. Die fluchtpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Clara Bünger, sagte dagegen: „Die Koalition steht gegenüber den extrem bedrohten Menschen im Wort – hier finanzielle Gründe vorzuschieben, ist einfach nur schäbig.“

Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen, etwa Medico International, Pro Asyl oder Amnesty warnten am Mittwoch in einem offenen Brief zudem vor den Folgen der Kürzungen für die Betroffenen. Als besonders befremdlich kritisieren sie, „dass der Haushaltsentwurf vorsieht, den Haushalt des Innenministeriums um 400 Millionen Euro zu erhöhen, gleichzeitig aber essenzielle Mittel für humanitäre Aufnahmeprogramme zu streichen.“

Alema Alema, Afghanistan-Referentin bei Pro Asyl sagte der taz, die Bundesregierung dürfe „die gefährdeten Menschen in Afghanistan jetzt nicht ihrem Schicksal überlassen.“ Sie schätzt, dass sich derzeit noch etwa 30.000 Personen, die Kriterien für die Evakuierung nach Deutschland erfüllen, in Afghanistan und Nachbarländern aufhalten.

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