Mehr als FSME und Borreliose: Zecken auf dem Vormarsch

Der Klimawandel treibt neue Arten der Spinnentiere in nördlichere Gefilde. Dorthin bringen sie auch neue Krankheiten mit. Impfen hilft nur zum Teil.

Pinzettenspitze mit Zecke

In Deutschland immer noch die am weitesten verbreitete Art: Der Gemeine Holzbock, potenzieller Überträger von FSME und Borreliose Foto: dpa

BERLIN taz | Die Zecken-Saison hat begonnen. Wer jetzt mit den Schultern zuckt, sollte dringend weiter lesen! Denn das Zeckenproblem – eine Folge des Klimawandels – ist schlimmstenfalls tödlich. In weiten Teilen Deutschlands kann ein Zeckenbiss zur Entzündung des Gehirns, der Hirnhaut oder des Rückenmarks führen. Sprechstörungen oder dauerhafte Lähmungen können die Folge sein, manchmal auch der Tod.

Zecken übertragen bis zu 50 gefährliche Krankheiten. Der Gemeine Holzbock Ixodes ricinus zählt zu den verbreitetsten Arten hierzulande, er überträgt etwa die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) oder Borreliose, eine Krankheit, die verschiedene Organsysteme betreffen kann, insbesondere das Nervensystem und die Gelenke.

Vor Jahrzehnten war der oft nur wenige Millimeter große Holzbock lediglich ganz im Süden Deutschlands Überträger. Aber die Zecken profitieren vom Klimawandel: In warmen Sommern vermehren sie sich stärker und mit steigenden Temperaturen haben sie sich weiter nach Norden und in größere Höhen ausgebreitet.

Die in Feuchtgebieten anzutreffende Wiesenzecke Dermacentor reticulatus beispielweise ist laut Robert-Koch-Institut (RKI) bis in Landkreise östlich von Berlin vorgedrungen, das nördlichste Risikogebiet ist der Landkreis Emsland in Niedersachsen.

Hohe Dunkelziffer

Während es gegen FSME eine Schutzimpfung gibt, fehlt solch eine bei Borreliose. Die Ständige Impfkommission empfiehlt all jenen, die in den Risiko-Gebieten im Freien arbeiten, eine FSME-Impfung. „Im Norden und Osten Deutschlands steigen die Fallzahlen massiv, beispielsweise in Sachsen, Brandenburg, Niedersachsen oder Thüringen“, erklärt Rainer Oehme, Laborleiter des Landesgesundheitsamts Baden-Württemberg. Zudem sei der „Zecken-Rhythmus“ schneller geworden.

Nach RKI-Erhebungen gab es 2023 475 FSME-Fälle, die Dunkelziffer ist hoch, wie Gerhard Dobler, Professor am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr, herausgefunden hat: Er analysierte im Ortenaukreis im Regierungsbezirk Freiburg Proben von Blutspenden. Dobler: „Wenn man die nicht erkannten Infektionen einbezieht, ist das Risiko einer FSME-Infektion in dem Kreis um ein siebenfaches höher als bisher angenommen.“

Aber auch neue Arten kommen, und mit ihnen neue Krankheiten: Im Sommer 2019 infizierte sich erstmals ein Mensch in Deutschland, in der Nähe von Siegen, durch eine tropische Riesenzecke Hyalomma mit Fleckfieber. Die Art stammt ursprünglich aus den Trockengebieten Afrikas. Sie hat Augen und sucht aktiv nach Beute. Eine große Population ist mittlerweile in der italienischen Provinz Triest beheimatet. Seit 2014 in Deutschland ist die Schildzecke Ixodes inopinatus, deren angestammte Heimat die Mittelmeer-Region ist. Ob und welche Krankheitserreger sie überträgt, wird noch untersucht.

Was tun bei Biss?

Stellt man einen Zeckenbiss fest – in der Regel fängt er nach einigen Stunden an zu jucken – sollte man den Parasiten hautnah mit einer Pinzette greifen und kontrolliert herausziehen. Bei weitem nicht jeder Biss führt zu einer Erkrankung. Es empfiehlt sich aber, die Einstichstelle zu beobachten: Bei Rötung plus Unwohlsein, spätestens aber bei Fieber und Gelenkschmerzen heißt es: Ab zur Ärztin oder zum Arzt!

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