Modis Besuch in Moskau: Putins Coup

Die Beziehungen zwischen Indien und Russland sind für den Westen frustrierend. Doch er muss akzeptieren, dass andere Staaten eigene Interessen verfolgen.

Die Präsidenten Modi und Putin geben sich die Hände.

Seine Show: Putin empfängt den indischen Präsidenten Modi am 9. Juli in Moskau Foto: Alexander Zemlianichenko/ap

Was für ein Timing! Direkt vor dem Nato-Jubiläumsgipfel und am Tag eines mutmaßlich russischen Angriffs auf ein Kinderkrankenhaus in Kyjiw besucht mit Narendra Modi der Regierungschef des bevölkerungsreichsten Landes und der „größten Demokratie der Welt“ Russlands Autokraten Wladimir Putin in Moskau.

Während „der Westen“ versucht, Putin wegen seines Angriffskriegs zu isolieren, gelingt diesem mit Modi erneut zu zeigen, dass die Macht des Westens begrenzt ist. Dessen Regierungen gelingt es nicht, Indien wie auch China zur Distanzierung von Putin zu bewegen. Teilweise gelingt das dem Westen nicht einmal in den eigenen Reihen, wie der derzeitige EU-Ratsvorsitzende Viktor Orbán mit seinen Reisen nach Moskau und Peking zeigte. Ganz zu schweigen vom Nato-Partner Recep Tayyip Erdoğan.

Die Nato-Staaten sollten bei ihrer Feier nicht außer Acht lassen, dass selbstbewusste Staaten wie Regional- und Großmächte geostrategische Perspektiven haben, die nicht deckungsgleich mit denen des Westens sind – und dass diese dessen egoistischen Doppelstandards nicht auf den Leim gehen wollen.

Natürlich ist für Europa Russlands Angriff auf die Ukraine eine Bedrohung der Sicherheit. Für Indien gilt das nicht. Vielmehr sorgt sich Delhi immer mehr um Chinas wachsenden Einfluss im Indischen Ozean (Sri Lanka, Malediven), im Himalaja (Nepal) wie unter den Nachbarstaaten (Bangladesch).

Indiens erklärte Außenpolitik der strategischen Unabhängigkeit sucht zwar den Handel und die technologische Modernisierung im Westen, will die historisch guten Beziehungen zu Russland aber nicht reduzieren. Nicht zuletzt, um Moskau nicht völlig in Pekings Arme zu treiben.

Mit dem Westen teilt Delhi eben nur manche Interessen. Dass man in Indien gern vom jetzt billigen russischen Öl profitiert und auf russische Rüstungsgüter keinesfalls verzichten will, mag opportunistisch erscheinen. Aber es hilft zugleich, sich gegen Bevormundung aus dem Westen zu wappnen, der derzeit auch Indien kräftig umwirbt.

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Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

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