Hilfe für gefährdete Af­gha­n:in­nen: Temperierte Humanität

Im Bundesaufnahmeprogramm sind in eineinhalb Jahren nur etwa 530 gefährdete Af­gha­n:in­nen nach Deutschland eingereist. Knapp 50.000 könnten kommen.

Ein Plakat auf dem steht: Afghanistan ist nicht sicher

Heute wie damals nicht sicher: Demo gegen Abschiebungen nach Afghanistan in Frankfurt am Main, 2016 Foto: Susanne Prautsch

BERLIN epd | Über das für gefährdete Afghaninnen und Afghanen eingerichtete Bundesaufnahmeprogramm sind bislang über 530 Menschen nach Deutschland eingereist. Das teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) mit. Über das vor mehr als eineinhalb Jahren gestartete Programm sollte eigentlich die Aufnahme von monatlich 1.000 Personen möglich sein.

Das Programm war im Oktober 2022 offiziell gestartet, kam aber zunächst nicht voran. Im Oktober vergangenen Jahres verzeichnete das Innenministerium erst 13 Einreisen. „Es sind nicht so viele über das Bundesaufnahmeprogramm gekommen wie gedacht“, räumte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Freitag nach der Innenministerkonferenz in Potsdam ein.

Das liege auch daran, dass die Menschen, die über das Programm einreisen, einer Sicherheitsprüfung unterliegen. Über diese werde nach Sicherheitslage entschieden, sagte Faeser. Das habe für sie Priorität. Von Menschenrechtsgruppen werden die Prüfungen als langwierig, intransparent und kräftezehrend für die Schutzsuchenden kritisiert. Ablehnungen würden nicht einmal begründet.

Das Bundesaufnahmeprogramm richtet sich an Menschen, die wegen ihres Einsatzes für Frauen- und Menschenrechte oder ihrer früheren Arbeit in wichtigen gesellschaftlichen Bereichen wie Justiz, Bildung oder Politik Verfolgung durch die im August 2021 wieder an die Macht gekommenen Taliban fürchten müssen. Auch Familienangehörige können über das Programm nach Deutschland einreisen. Insgesamt wurden laut Innenministerium bisher für über 2.800 Personen Aufnahmezusagen erteilt.

Fünfmal mehr Ortskräfte als andere Länder

Faeser verwies auf die zahlreichen Ortskräfte, die nach der Machtübernahme der Taliban nach Deutschland eingereist sind. „Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir besonders Schützenswerte rausholen. Das haben wir auch getan“, sagte die SPD-Politikerin.

Deutschland hätte fünfmal mehr so viele Ortskräfte nach Deutschland geholt wie andere Länder, die in Afghanistan tätig waren. Bisher habe die Bundesregierung verabredet, an dem Bundesaufnahmeprogramm festzuhalten. „Wir werden sehen, was sich in den nächsten Monaten ergibt“, sagte Faeser.

Laut Zahlen des Innenministeriums hat Deutschland nach der Machtübernahme der Taliban insgesamt mehr als 34.100 gefährdete Afghaninnen und Afghanen aufgenommen, darunter mehr als 20.400 ehemalige Ortskräfte mit ihren Familienangehörigen.

Die meisten von ihnen waren während des Bundeswehreinsatzes für die deutschen Streitkräfte oder andere deutsche Institutionen tätig. Insgesamt 48.100 gefährdete Afghaninnen und Afghanen wurde in den vergangen drei Jahren eine Aufnahme in Aussicht gestellt.

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