Rekord bei Rüstungsexporten: Ehrlich oder anständig?

Deutschlands Rüstungsexporte erreichen durch die Ukraine-Unterstützung Rekordwerte. Interessant sind aber Empfängerländer wie Saudi-Arabien und Singapur.

Panzerhaubitze auf matschigem Grund

Die deutsche Panzerhaubitze 2000 in der ukrainischen Armee Foto: dpa

Das Spannende ist nicht der neue Rekord. Neuen Zahlen der Bundesregierung zufolge, erfragt von der BSW-Abgeordneten Sevim Dağdelen, steuert Deutschland zwar auf einen Höchststand der Rüstungsexporte zu.

Der Anstieg ist aber vor allem auf die Waffenhilfe für die Ukraine zurückzuführen, deren Volumen sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verdreifacht hat. Beistand für eine Demokratie, die sich gegen einen Überfall wehrt und dabei das Völkerrecht achtet: Daran ist nichts auszusetzen.

Im ersten Halbjahr genehmigte die Bundesregierung Rüstungsexporte im Wert von 7,48 Milliarden Euro. Das sind gut 30 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Fast zwei Drittel der Exporte (4,88 Milliarden Euro) sind für die Ukraine bestimmt. Israel taucht in den Top 10 nicht mehr auf. Die BSW-Abgeordnete Dagdelen nannte den generell Anstieg „verantwortungslos“. (dpa/taz)

Interessant wird es auf den Plätzen hinter der Ukraine und bei den Kunden, die dort dominieren. Es sind Länder außerhalb von EU und Nato wie Saudi-Arabien, Indien oder Katar. Seitdem die Ampel regiert, spielen Exporte an solche Drittstaaten zwar keine so große Rolle mehr wie zuvor. Im ersten Halbjahr ist aber auch ihr Umfang wieder gestiegen. Besonders ins Auge springt der Zweitplatzierte der Export­rangliste: Singapur.

Rüstungsgeschäfte mit dem Stadtstaat unterstützt die Ampelregierung aktiv. Das grüne Wirtschaftsministerium kündigte 2022 in Eckpunkten für ein Rüstungsexportgesetz an, Genehmigungsprozesse „im Falle besonderer Werte- und Sicherheitspartnerschaften“ zu vereinfachen.

Klare Kriterien benennen

Das Gesetz gibt es bis heute nicht, für Singapur hat das Ministerium die Vorgaben trotzdem gelockert – obwohl das mit den gemeinsamen Werten so eine Sache ist: Singapur ist autoritär regiert und einigen wichtigen völkerrechtlichen Abkommen nicht beigetreten.

Ein Widerspruch, den die Bundesregierung auf zwei Wegen auflösen könnte. Der ehrliche: Sie bekennt sich dazu, dass es ihr global eben doch mehr um Interessen als um Werte geht; dass sie zum Beispiel in Südostasien auch mit Autokratien zusammenarbeitet, um China zurückzudrängen. Oder der anständige: Sie benennt klare Kriterien für Wertepartner.

Staaten wie Singapur würden dann rausfallen. Wenn es um Verbündete im Indopazifik geht, blieben aber immerhin noch Länder wie Südkorea. Auch Exporte dorthin hat die Bundesregierung vereinfacht – und dagegen ist viel weniger einzuwenden.

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Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.

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