„New York Times“-Podcast „The Interview“: Geplänkel mit Tiefgang
Die „New York Times“ überzeugt mit ihrem neuen Gesprächspodcast auch ohne Innovationen – mit Gästinnen wie Anne Hathaway oder Serena Williams.
Wer im Jahr 2024 einen Podcast auf den Markt bringt, dessen Konzept es ist, Gespräche mit Promis zu führen, ist entweder etwas naiv oder mutig. Denn der Markt dafür scheint sowohl in den USA als auch in Deutschland gesättigt. Kaum vorstellbar, dass irgendwer noch einen echten Überblick hat.
Die New York Times hat nun Naivität oder Mut bewiesen und mit „The Interview“ ein Format gelauncht, was es so oder so ähnlich schon vielfach gibt. Jeden Samstag spricht eine_r der zwei Hosts, David Marchese und Lulu Garcia-Navarro, mit einer Person aus Politik, Sport, Kultur oder Wirtschaft.
Gesprächspodcasts bergen eine gewisse Schwierigkeit: Sie müssen locker sein, damit sie nettes Nebenbei-Medium bleiben. Und gleichzeitig kritisch sein – schließlich bieten Journalist_innen hier Menschen mit Macht eine Plattform. Dieser Balanceakt gelingt „The Interview“ – und zwar nicht nur in den Gesprächen mit Politikern, wie dem israelischen Oppositionsführer.
So darf der Netflix-CEO Ted Sarandos zwar seine rührende Geschichte erzählen, wie er vom DVD-Verleih zum Streaminganbieter kam. Aber er muss auch Stellung dazu beziehen, wieso Netflix fast nur noch Schrott produziert.
Mit seinen glatten Antworten („Für uns ist Qualität, was der Masse gefällt“) entlarvt er sich selbst. An der Schauspielerin Anne Hathawy beißt Marchese sich fast die Zähne aus. Sie möchte partout nichts aus ihrem Leben preisgeben.
Letztendlich entsteht dadurch ein kluges Metagespräch über Star-Interviews, Privatsphäre und Abhängigkeiten von den Medien. Und wenn das Gespräch dann doch einmal auf der Ebene des netten Geplänkels verharrt – wie wenn Serena Williams erzählt, was sie nach ihrer Tenniskarriere so treibt – hat man immer noch etwas Nettes auf den Ohren, wenn man zur Arbeit radelt oder die Küche putzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!