Kommunalwahlen in Baden-Württemberg: Keine Liste für die AfD

In einigen Städten im Südwesten bekommt die AfD nicht genug Leute für die Wahl zusammen. Die Erklärungen fallen sehr unterschiedlich aus.

Konstanz und der Bodensee mit Booten.

Idylle am Bodensee: Konstanz Foto: bodenseebilder/imago

KONSTANZ taz | Fast alle Parteien packen ihre Wahlstände wieder ein, noch bevor der Wochenmarkt schließt. Wenige Tage vor den baden-württembergischen Kommunalwahlen am Sonntag haben viele Marktgänger in der Stadt am Bodensee ihre Entscheidungen schon getroffen. In Konstanz schafften die Grünen einst den Durchbruch in die bürgerliche Mitte, als sie 1996 mit Horst Frank den ersten grünen Oberbürgermeister Deutschlands stellten. Die örtliche Freie Grüne Liste stellt mit 13 Sitzen die stärkste Fraktion im Gemeinderat – die CDU liegt als zweite Kraft mit 7 Sitzen weit dahinter.

„Unser Gemeinderat hat bei vielen wichtigen Themen geschlossen und verantwortungsvoll abgestimmt“, sagt Gisela Kusche von den Grünen am Eingang zum Markt auf dem Konstanzer Gebhardsplatz. Ob bei der Freigabe von Geldern für die Unterbringung von Geflüchteten oder bei der Erklärung des Klimanotstands in der Stadt vor fünf Jahren – all dies sei im Gemeinderat einstimmig beschlossen worden.

Und das, obwohl es um die Stadtfinanzen wegen fehlender Industrien vor Ort und kaum Gewerbesteuereinnahmen bei gleichzeitig hohen Ausgaben etwa für Stadttheater und Philharmonie gar nicht so rosig bestellt sei. „Wir leisten uns das, weil Leute, die hier herkommen nicht denken sollen, das ist ein Provinzkaff“, sagt Kusche. Wenn die Abwärtsspirale erst mal in Gang sei, sei sie nur schwer aufzuhalten.

Konstanz ist eine der Städte im Südwesten, in denen die AfD nicht genug Leute zusammenbekommen hat, um bei den Gemeinderatswahlen anzutreten. In nur 126 von insgesamt 1101 Kommunen in Baden-Württemberg gibt es nach Angaben des Staatsanzeigers eine AfD-Liste. Auch in Tübingen treten die Rechtsextremen nicht an, was Bürgermeister Boris Palmer (parteilos, ehemals Grüne) prompt als einen eigenen Erfolg verbuchte. Dem Spiegel sagte er, er besetze gezielt Themen wie Migration oder Sicherheit und entziehe somit der AfD den „Resonanzraum“.

Eine These, die bei der Konstanzer CDU so nicht geteilt wird. Der Populismus sei in der Stadt zu keinem Problem geworden, weil er keine Lösungen anbiete, sagt Manfred Hölzl. Er sitzt seit zwei Legislaturperionden für die Union im Gemeinderat, und auch er betont den fraktionsübergreifenden Wertkompass. Konstanz habe einen guten Ruf, Menschen nach dem ersten Kennenlernen gut aufzunehmen, sagt er. So habe Hölzl nach 2015 als Küchenmeister dutzende Geflüchtete bei sich im Betrieb in Ausbildungen gebracht. „Da kann man als Konstanzer stolz drauf sein.“

In die Kreistage, über die die 8,6 Millionen Baden-Württemberger*innen am Sonntag ebenfalls abstimmen, versucht die AfD dagegen durchaus stärker einzuziehen. Die Partei, die vom Stuttgarter Verfassungsschutz beobachtet wird, hat hier fast überall Kan­di­da­t*in­nen zusammenbekommen, kann jedoch in 32 von 44 Kreisen und kreisfreien Städten nur unvollständige Wahllisten präsentieren.

Recherchen der Wochenzeitung Kontext zeigen unterdessen, wie sich im Südwesten das rechte Milieu auf kommunaler Ebene jenseits der AfD organisiert: So existiere in Heilbronn mit „Pro Heilbronn“ etwa ein Auffangbecken für ehemalige Vertreter der Republikaner, in Sinsheim hätten sich NPD-Nostalgiker unter dem Namen „Deutsche Liste“ organisiert. Auch in Konstanz stellt sich eine Liste mit vier Kandidat*in­nen zur Wahl, deren Ursprünge im Lager der Corona-Leugner*innen gesehen wird.

Bei den vergangenen Kommunalwahlen vor fünf Jahren wurden die Grünen auch hier von dem Geist der starken Klimabewegung und Fridays for Future getragen. Grünen-Kandidatin Kusche macht sich am kommenden Sonntag hier durchaus auf Verluste im eigenen Lager und Zugewinne bei der Union gefasst. Doch die Einstimmigkeit bei den Abstimmungen in Vergangenheit zeigt, dass das hier kein Problem sein muss.

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