Atomwaffenfähiges Uran in Bayern: Reaktor darf weiterstrahlen

Die Klage gegen den Betrieb des Forschungsreaktors in Garching mit hoch angereichertem Uran wird abgelehnt. Das Material kommt aus Russland.

Blick in ein Abklingbecken in einem Atomreaktor.

Abklingbecken des Forschunsgreaktors FRM II in Garching Foto: Markus Matzel/imago

MÜNCHEN taz | Der Forschungsreaktor FRM II in Garching darf mit atomwaffenfähigem Uran betrieben werden. Eine Klage des BUND Naturschutz in Bayern (BN), mit der dieser forderte, die Anlage stillzulegen, wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in München ab. Die Entscheidung wurde am Mittwoch bekannt gegeben.

Die TU München betreibt den Reaktor seit 2004 mit hoch angereichertem atomwaffenfähigen Uran (HEU). Rechtsanwalt Ulrich Wollenteit, der die Kläger vertritt, argumentierte, der Reaktor sei seit 2011 „genehmigungslos“. Er begründete das mit dem Wortlaut der Genehmigung. Danach sei es „nicht hinnehmbar“, dass der Reaktor nach dem 31. Dezember 2010 mit Uran betrieben werde, das mehr als 50 Prozent angereichert sei. Diese Bedingung hatte das Bundesumweltministerium für die Genehmigung durch das bayerische Umweltministerium gestellt.

Das Gericht folgte in der mündlichen Verhandlung aber erkennbar den Ausführungen der Landesbehörde. Ein Beamter erklärte, dass die in der Genehmigung festgelegte und mehrfach verlängerte Frist zur Umrüstung des Reaktors auf niedriger angereichertes Uran „völlig frei gesetzt“ und objektiv nicht einzuhalten gewesen sei. Die Formulierungen zur Vorsorge gegen die Weiterverbreitung des atomwaffenfähigen Materials in der Genehmigung seien seinerzeit vom Bundesumweltministerium vorgegeben worden. Der Subtext: Der damalige grüne Minister habe die Einschränkung gegen den Willen Bayerns durchgesetzt.

Mit der befristeten Gestattung des HEU-Einsatzes wollte das Bundesministerium damals die Wogen glätten, die die Münchner Forscher mit ihren Plänen international ausgelöst hatten. So war sowohl die Forschung möglich, als auch die Bedenken des Auswärtigen Amtes wegen der Verpflichtungen des Nichtweiterverbreitungsvertrags ernst genommen wurden.

Alternativen wären möglich

Wolfgang Liebert, Professor für Nukleare Sicherheit und Risiko von der Wiener Uni für Bodenkultur, hatte während der Verhandlung dargestellt, dass es schon bei Inbetriebnahme des Reaktors 2004 möglich gewesen wäre, einen niedriger angereicherten Uran-Silizid-Brennstoff zu verwenden. Der neue monolithische Uranmolybdän-Brennstoff, den die TU jetzt vorschlägt, hätte spätestens 2006 auf seine Eignung untersucht werden können.

Die TU plant, den Reaktor bis 2030/2032 umzurüsten. Das befand der Verwaltungsgerichtshof für einen „angemessenen Zeitraum“. Rechtsanwalt Wollenteit weist aber darauf hin, dass bis dahin „gegen jede internationale Vernunft“ waffenfähiges Uran im Reaktor eingesetzt werde – und dass dieses nach der Weigerung der USA, den Reaktor zu beliefern, aus Russland komme.

Der BN ist über das Urteil enttäuscht. Die Grünen im Bayerischen Landtag und die Organisation Internationale Ärz­t:in­nen für die Verhütung des Atomkrieges – Ärz­t:in­nen in sozialer Verantwortung kritisieren es scharf. BN-Landesgeschäftsführer Peter Rottner hatte am Rande der Verhandlung gesagt, es seien „eine Menge grundsätzlicher Rechtsfragen zu klären, so dass auch die nächste Instanz gefragt werden wird“. Wahrscheinlich ist ein zweiter Anlauf vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Die TU will den Reaktor, der wegen zahlreicher Probleme die letzten fünf Jahre fast immer außer Betrieb war, 2024/2025 wieder anfahren – zur Not auch mit HEU. (Az. 22 A 20.40009)

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