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Hooligans in GelsenkirchenNur Schlägereien

Die befürchtete Schlacht der Fans aus England und Serbien bleibt aus. Gewaltvoyeure kommen aber auf ihre Kosten – dank eines Präsidentensohns.

Aufräumarbeiten nach der Schlägerei zwischen englischen und serbischen Fans Foto: Markus Schreiber/ap

Berlin taz | Mit dem Fußball kommt die Gewalt. Klar, da gibt es die schönen Bilder von Dänen mit lustigen Hüten, von tanzenden Albanern und Albanerinnen, von orangen Blasmusikern und auch die Schotten sind lustige Leute. Wo bleiben da die Hooligans? Beinahe sehnsüchtig schienen Fußballvoyeure auf die ersten Meldungen von Ausschreitungen verfeindeter Fangruppierungen zu warten. Am Sonntag hatte dieses Warten dann ein Ende. Am Nachmittag vor dem Spiel ihrer Mannschaften waren englische und serbische Fans vor einem Steakhaus in der Innenstadt von Gelsenkirchen aneinandergeraten.

Auf Social Media haben schnell Bilder die Runde gemacht, auf denen zu sehen ist, wie Männer mit Stühlen aufeinander losgehen. Von vorne, von hinten, von oben war die Szene gefilmt worden – es war eine multiperspektivische Gewaltschau. Schön war das gewiss nicht anzuschauen. Und schmerzhaft waren die Folgen sicher für den englischen Fan, der nach der Schlägerei im Krankenhaus behandelt werden musste. Am Ende hat die Polizei einen Engländer festgenommen und acht Serben. Ein EM-Stadion dürfen sie nicht mehr betreten.

War das jetzt die große Hooliganschlacht, die befürchtet worden war? Die Bilder von der englisch-serbischen Auseinandersetzung konnten jedenfalls die voyeuristische Lust an blutigen Bildern bei etlichen Beobachtern erst mal befriedigen. Und wie ist es weitergegangen? Die Abreise der Fans sei friedlich verlaufen, teilte die Polizei mit.

Und doch, wer sein Handy zu früh zur Seite gelegt hat, versäumte die Debatte über die Beteiligung von Danilo Vučić an der Auseinandersetzung. Danilo Vučić? Ja, der Sohn der serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić wollte auch die Fäuste schwingen vor dem Lokal in Gelsenkirchen. Gerade noch so wurde er von seinen Begleitern zurückgehalten.

Die kennen das Umfeld, in dem sich der 22-jährige Präsidentenspross bisweilen bewegt. Des Öfteren schon wurde er mit Aleksandar Vidojevic in Belgrad gesehen. Der soll nicht nur ziemlich mafiös sein, sondern als Chef der Fangruppierung „Janitscharen“ ein lupenreiner Hooligan, der sich für Partizan Belgrad in Straßenkämpfe begibt. So berichtete es jedenfalls das unabhängige Recherchenetzwerk Krik.

Auf die Berichte reagierte Aleksandar Vučić mit einem Instagram-Post, der ihn zusammen mit seinem Sohn zeigt: „Mein Sohn Danilo ist ein ehrlicher und anständiger junger Mann.“ Auch über den Janitscharen Vidojevic, dem Verwicklung in Drogengeschäfte vorgeworfen wird, hat sich der Präsident schon geäußert. „Dieser junge Mann wurde noch nie wegen Drogendelikten angeklagt, nur wegen Schlägereien, aber auch da wurde er noch nie verurteilt“, sagte er in einem TV-Fern­seh­interview. Na dann.

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2 Kommentare

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  • Ich frage mich wirklich zunehmend wofür brauchen wir den Fußball in dieser Form?

    Wenn ich diese Berichte so lese habe ich den Verdacht Fußball ist längst von einem Sportevent zu einem Randaleevent verkommen.

    Und darauf kann man bestens verzichten.

    • @Bolzkopf:

      Gerade in DIESEM Artikel steht das aber nicht drin. Es sei denn Sie entscheiden über Belgrad.