Hooligans in Gelsenkirchen: Nur Schlägereien
Die befürchtete Schlacht der Fans aus England und Serbien bleibt aus. Gewaltvoyeure kommen aber auf ihre Kosten – dank eines Präsidentensohns.
Auf Social Media haben schnell Bilder die Runde gemacht, auf denen zu sehen ist, wie Männer mit Stühlen aufeinander losgehen. Von vorne, von hinten, von oben war die Szene gefilmt worden – es war eine multiperspektivische Gewaltschau. Schön war das gewiss nicht anzuschauen. Und schmerzhaft waren die Folgen sicher für den englischen Fan, der nach der Schlägerei im Krankenhaus behandelt werden musste. Am Ende hat die Polizei einen Engländer festgenommen und acht Serben. Ein EM-Stadion dürfen sie nicht mehr betreten.
War das jetzt die große Hooliganschlacht, die befürchtet worden war? Die Bilder von der englisch-serbischen Auseinandersetzung konnten jedenfalls die voyeuristische Lust an blutigen Bildern bei etlichen Beobachtern erst mal befriedigen. Und wie ist es weitergegangen? Die Abreise der Fans sei friedlich verlaufen, teilte die Polizei mit.
Und doch, wer sein Handy zu früh zur Seite gelegt hat, versäumte die Debatte über die Beteiligung von Danilo Vučić an der Auseinandersetzung. Danilo Vučić? Ja, der Sohn der serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić wollte auch die Fäuste schwingen vor dem Lokal in Gelsenkirchen. Gerade noch so wurde er von seinen Begleitern zurückgehalten.
Die kennen das Umfeld, in dem sich der 22-jährige Präsidentenspross bisweilen bewegt. Des Öfteren schon wurde er mit Aleksandar Vidojevic in Belgrad gesehen. Der soll nicht nur ziemlich mafiös sein, sondern als Chef der Fangruppierung „Janitscharen“ ein lupenreiner Hooligan, der sich für Partizan Belgrad in Straßenkämpfe begibt. So berichtete es jedenfalls das unabhängige Recherchenetzwerk Krik.
Auf die Berichte reagierte Aleksandar Vučić mit einem Instagram-Post, der ihn zusammen mit seinem Sohn zeigt: „Mein Sohn Danilo ist ein ehrlicher und anständiger junger Mann.“ Auch über den Janitscharen Vidojevic, dem Verwicklung in Drogengeschäfte vorgeworfen wird, hat sich der Präsident schon geäußert. „Dieser junge Mann wurde noch nie wegen Drogendelikten angeklagt, nur wegen Schlägereien, aber auch da wurde er noch nie verurteilt“, sagte er in einem TV-Fernsehinterview. Na dann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Kritik an Antisemitismus-Resolution
So kann man Antisemitismus nicht bekämpfen
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung