+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Friedensgipfel ohne Peking

Selenskyi wirbt für den Friedensgipfel in der Schweiz. Bisher 133.000 Ermittlungsfälle wegen mutmaßlicher russischer Kriegsverbrechen in der Ukraine.

Gebäude mit der Aufschrift Shangri-La mit Flaggen und Auto

Polizisten bewachen den Eingang des Shangri-La-Hotels während des Sicherheitsforums in Singapur Foto: Vincent Thian/ap/dpa

Selenskyj wirbt um Teilnahme Asiens am Friedensgipfel in der Schweiz

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat um die Teilnahme asiatischer Länder an der Friedenskonferenz in der Schweiz geworben. „Wir zählen fest darauf, dass Sie diesen Gipfel unterstützen und in der Schweiz anwesend sein werden“, sagte Selenskyj am Sonntag in Singapur in seiner Rede beim Sicherheitsforum Shangri-La-Dialog an die Staaten in der Region gerichtet.

Die seit mehr als zwei Jahren von einem russischen Angriffskrieg getroffene Ukraine setzt darauf, dass an der Friedenskonferenz am 15. und 16. Juni in der Schweiz möglichst viele Länder weltweit teilnehmen. So hofft Kiew, den Druck auf Russland zu erhöhen, um Moskau zu Zugeständnissen zu zwingen.

Selenskyj sagte am Sonntag, dass bereits Vertreter aus 106 Ländern ihre Teilnahme zugesagt hätten. Erneut warf er Russland jedoch Versuche vor, das Zustandekommen und den Erfolg des Gipfels zu stören. „Russland reist nun in viele Länder der Welt und droht mit der Blockade von Lebensmitteln, Agrarprodukten und chemischen Produkten, mit der Verteuerung von Energie oder übt einfach Druck aus, damit andere Länder der Welt nicht am Gipfel teilnehmen“, sagte Selenskyj.

Es gebe auch Informationen, dass einige Länder bereits damit begonnen hätten, Russland bei den Störversuchen zu helfen. Der Druck auf Moskau müsse durch diplomatische Isolation Russlands und durch eine starke ukrainische Armee erhöht werden, um Kremlchef Wladimir Putin zu stoppen, sagte der ukrainische Präsident.

Bei einem Treffen mit US-Verteidigungsminister Lloyd Austin wies Selenskyj darauf hin, dass Russlands Störversuche vereitelt werden könnten, indem von den Teilnehmerstaaten auch die jeweiligen Staatschefs kämen. Damit kritisierte der Ukrainer indirekt erneut, dass US-Präsident Joe Biden nicht in die Schweiz zum Gipfel reist. Zuvor hatte Selenskyj beklagt, dass dies Putin in die Hände spiele.

An der Konferenz in der südostasiatischen Wirtschaftsmetropole diskutierten bis Sonntag Hunderte Minister, Militärs und Experten aus aller Welt über die aktuellen Krisenherde und Bedrohungslagen. Auch Themen wie Künstliche Intelligenz, Cyber-Abwehr und künftige Arten der Kriegsführung wurden besprochen. (dpa)

Enttäuschung über ausgebliebene Zusagen für Gipfel

Selenskyj hat bei einem Auftritt in Singapur mangelndes Interesse bestimmter Staaten an einem für Mitte Juni von Kiew geplanten Friedensgipfel in der Schweiz beklagt. Er sei „enttäuscht“, dass einige Staats- und Regierungschefs ihre Teilnahme noch nicht zugesagt hätten, sagte Selenskyj. Welche Länder er meinte, ließ er offen. Doch dürfte eine mögliche Teilnahme Chinas an dem Friedensgipfel zur Beendigung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wesentlich für einen Erfolg des geplanten Spitzentreffens sein. Peking gilt als der wichtigste Verbündete Moskaus.

Chinas Verteidigungsminister Dong Jun hielt am Sonntag eine Rede beim Shangri-La-Dialog, war jedoch offenbar nicht im Raum, als Selenskyj seinen Appell an die Delegierten richtete. Bei seinem Auftritt ging Dong zwar nicht direkt auf den geplanten Gipfel in der Schweiz ein. Doch sagte er im Hinblick auf „die Ukraine-Krise, dass China sich für Friedensgespräche mit einer verantwortungsbewussten Haltung“ einsetze. Sein Land habe zudem weder der einen noch der anderen Seite in dem Konflikt Waffen geliefert, erklärte der Verteidigungsminister. „Wir haben nie irgendetwas getan, um die Flammen anzufachen.“ (ap)

Dank an US-Verteidigungsminister für Militärhilfe

Wolodymyr Selenskyj hat US-Verteidigungsminister Lloyd Austin für die jüngsten Zugeständnisse bei der Militärhilfe im Kampf gegen Russlands Angriffskrieg gedankt. Die nun von den USA erlaubten begrenzten Schläge gegen russisches Staatsgebiet dienten der effektiven Gegenwehr gegen Versuche Moskaus, das Kampfgebiet weiter auszudehnen, sagte Selenskyj am Sonntag.

„Die Unterstützung der Vereinigten Staaten für den Kampf der Ukraine gegen die russische Aggression wird niemals nachlassen“, teilte Austin nach dem Treffen im sozialen Netzwerk X mit. Die USA hätten sich verpflichtet, die starke Unterstützung einer Koalition von über fünfzig Ländern aufrechtzuerhalten, um der Ukraine bei der Verteidigung ihrer Freiheit zu helfen.

„Wir sind Präsident Joseph Biden und seiner Regierung sehr dankbar für ihre kontinuierliche Unterstützung im Kampf für unsere Freiheit und Unabhängigkeit“, sagte Selenskyj der Mitteilung zufolge. Demnach sprach er mit Austin auch über die Bedürfnisse der ukrainischen Streitkräfte, darunter bei der Ausbildung und der Ausstattung neuer Einheiten.

Selenskyj dankte Austin besonders für die aktive Arbeit bei der Stärkung der ukrainischen Luftabwehr. „Dies ist jetzt der wichtigste Weg, um das Leben der ukrainischen Bevölkerung, unsere Städte, Gemeinden und die zivile Infrastruktur zu schützen. Sie ist entscheidend“, sagte er. Zugleich habe er deutlich gemacht, dass für die Schaffung einer F-16-Kampfjet-Koalition die Lieferung der Flugzeuge beschleunigt werden müsse. Die Ukraine erwartet in diesem Sommer die Lieferung der ersten F-16-Kampfjets. Piloten der ukrainischen Luftstreitkräfte hatten im Ausland ihre Ausbildung an den Flugzeugen absolviert. (dpa)

24 von 25 russischen Drohnen abgeschossen

Die ukrainische Luftabwehr hat nach Angaben der Luftwaffe 24 von 25 Angriffsdrohnen zerstört, die Russland in der Nacht auf den Weg gebracht habe. Zudem habe Russland einen Iskander-K-Marschflugkörper in Richtung der ukrainischen Region Charkiw und eine Flugabwehr-Lenkwaffe eingesetzt. Was mit diesen passierte, wurde nicht mitgeteilt. (rtr)

133.000 Ermittlungsfälle wegen mutmaßlicher russischer Kriegsverbrechen in der Ukraine

Der deutsche Berater der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Klaus Hoffmann, ist alarmiert wegen der hohen Zahl mutmaßlicher russischer Kriegsverbrechen in der Ukraine. Im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) sagte Hoffmann, es zeige sich, „dass unglaublich viele Verbrechen begangen werden. Viele von denen sind sehr umfassend dokumentiert“. Laut Hofmann sind derzeit etwa 133.000 Ermittlungsverfahren wegen mutmaßlicher russischer Kriegsverbrechen registriert. Das sei eine „enorme Steigerung“, sagte Hoffmann der NOZ. Ende 2022 seien 56.000 entsprechende Verfahren registriert gewesen.

Hoffmann nannte etwa russische Luftangriffe auf zivile Ziele oder Entführungen und Zwangsadoptionen von ukrainischen Kindern. Einer juristischen Beurteilung wollte Hoffmann zwar nicht vorweggreifen. Seine persönliche Meinung sei aber, dass man das russische Vorgehen „nur als Terror gegen die Zivilbevölkerung beschreiben“ könne. Viele der mutmaßlichen Verbrechen würden von russischer Seite gut dokumentiert, da verantwortliche Kommandeure dafür ausgezeichnet würden, sagte Hoffmann.

Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine ist Hoffmann, der als Oberstaatsanwalt in Baden-Württemberg beurlaubt ist, Berater der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft. In der Vergangenheit hatte Hoffmann unter anderem für das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien ermittelt. (ots)

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