Republikaner nach Trumps Schuldspruch: Weiter Richtung Abgrund

Medien: fake. Wahlen: gefälscht. Und jetzt Gerichte: korrupt. Die Reaktion der Republikaner auf Trumps Verurteilung ist eine weitere Eskalation in ihrem Demokratieverständnis.

zig Trump-Flaggen wehen im Wind. Davor Pick-Up-Trucks. Trump-Unterstützer am Feiern.

In Palm Beach versammeln sich am Donnerstag Trump-Fans, um ihre Unterstützung auszudrücken Foto: Marco Bello/Reuters

Es geschieht nicht oft, dass die gesamte Öffentlichkeit ein Ereignis schon im Moment des Geschehens als „historisch“ einstuft, dessen Auswirkungen so dermaßen unklar sind wie die Verurteilung Donald Trumps durch ein New Yorker Geschworenengericht. Denn „historisch“ meint ja normalerweise mehr als nur „zum ersten Mal“. Dabei wäre auch das schon eine ganze Menge:

Zum ersten Mal ist ein ehemaliger US-Präsident in einem Strafverfahren schuldig gesprochen worden.

Zum ersten Mal wird im Juli ein verurteilter Straftäter von einer der zwei großen US-amerikanischen Parteien zum Präsidentschaftskandidaten gekürt werden.

Zum ersten Mal wird im November ein verurteilter Straftäter aussichtsreich auf den US-Wahlzetteln stehen, der zu dem Zeitpunkt womöglich nur deshalb nicht im Gefängnis sitzt, weil er gegen das Urteil in Berufung gegangen ist.

Zum ersten Mal könnte am 20. Januar 2025 ein verurteilter Straftäter als neuer Präsident der USA vereidigt werden.

Und zum ersten Mal könnte noch am selben Tag ein verurteilter Straftäter als Präsident das Justizministerium anweisen, weitere Verfahren gegen sich selbst einzustellen.

Das ist alles schon irrsinnig genug.

Aber was die Urteilsverkündung tatsächlich „historisch“ macht, ist etwas anderes: Sie markiert den vorläufigen Höhepunkt der Delegitimierung des gesamten Justizsystems durch eine der zwei staatstragenden Parteien. Damit greifen die unter Trump offenbar unwiederbringlich zur Schwurbelpartei deformierten Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen auch die letzte Säule der demokratischen Institutionalität an.

Medien: fake. Wahlen: gefälscht. Und jetzt Gerichte: korrupt. Da bleibt von einem demokratischen Staatswesen nicht mehr viel übrig. Und ihre An­hän­ge­r*in­nen folgen.

Feindschaft und Vernichtungswille

Die US-Republikaner*innen und die mit ihnen alliierten Propagandamedien, aber auch ihre Pendants in europäischen Rechtsaußen-Parteien zeigen eine beängstigend erfolgreiche Fähigkeit, Realität rhetorisch in ihr Gegenteil zu verkehren.

Was von außen vollkommen irrsinnig erscheint, ergibt innerhalb eines geschlossenen Weltbilds allerdings ausgesprochen viel Sinn. Nur hat dieses Weltbild mit den Grundfesten dessen, was Demokratie ausmacht, nichts mehr zu tun: Feindschaft und Vernichtungswille statt Meinungskonkurrenz und Ringen ums bessere Argument, Verständnis von Fakten, Anerkennen von Rechtsstaatlichkeit für alle.

Von all dem haben sich die Trump-Republikaner und ihresgleichen verabschiedet. Mit der Verurteilung Donald Trumps schalten sie endgültig auf Frontalangriff. Das ist es, was den Tag tatsächlich historisch macht. Und es ist nicht gut.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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