Hamburgs Grüne nach Bezirkswahlen: Mister „Kein Eigenheim“ muss bangen

Er ist grüner Bezirksamtsleiter von Hamburg-Nord: Nach dem Wahldebakel muss Michael Werner-Boelz, der bundesweit Debatten anstößt, um sein Amt bangen.

Michael Werner-Boelz im Porträt

Ist seit 2019 eine Art Stadtteilbürgermeister für 330.000 Hamburger:innen: Michael Werner-Boelz Foto: dpa/Marcus Brandt

HAMBURG taz | Für einen Hamburger Bezirksamtsleiter hat der Grüne Michael Werner-Boelz in den vergangenen fünf Jahren erstaunlich oft politische Debatten angestoßen, die weit über die Grenzen des Bezirks Hamburg-Nord hinaus diskutiert wurden. Selbst im Ausland nahm man vor drei Jahren zur Kenntnis, dass im Bezirk auf freien Flächen nur noch Geschosswohnungsbau genehmigt werden soll.

Daraufhin brach ein Shitstorm über Werner-Boelz herein, das Eigenheim wurde plötzlich zum bundespolitischen Thema. Vor allem aus konservativen Kreisen kam der Vorwurf, Werner-Boelz und die Grünen wollten den Deutschen das Eigenheim verbieten. „Das hat mich aber nicht nachhaltig belastet“, sagt der 57-Jährige heute.

Seinen Job als Bezirksamtsleiter – eine Art Stadtteilbürgermeister, in diesem Fall für knapp 330.000 Ham­bur­ge­r:in­nen – würde er denn auch gern so weitermachen wie bisher. Doch weil seine Partei bei den Bezirkswahlen vor zwei Wochen auch in Hamburg-Nord massiv verloren hat, könnte es zur Abwahl des vor Ort geschätzten Bezirksamtsleiters kommen.

2019 wurde Werner-Boelz, der in jungen Jahren Gewerkschaftssekretär werden wollte, als Vorsitzender der Grünen-Bezirksfraktion Verwaltungschef von Hamburg-Nord. Hamburgweit erreichten die Grünen 31 Prozent, in Hamburg-Nord sogar fast 36 Prozent.

Mit der AfD noch eine Rechnung offen

Die SPD, deren Ergebnis auch dort massiv eingebrochen war, beugte sich daraufhin mangels Alternativen und bildete als Juniorpartner eine Koalition mit den Grünen, die Werner-Boelz zum Bezirksamtsleiter wählte. In Hamburg-Altona wurde Stefanie von Berg gewählt, die beiden sind die ersten grünen Be­zirks­amts­lei­te­r:in­nen der Stadt.

Zwar betonen nun beide Koalitionspartner in Hamburg-Nord, dass die Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren „konstruktiv“ und „reibungslos“ gewesen sei und nun erst mal intern die neue Lage ausgewertet werde, ehe es mit Koalitionsverhandlungen losgeht.

Doch die örtliche SPD ließ schon anklingen, dass sie ein SPD-geführtes Bezirksamt natürlich für besser hielte. Schmiedet sie ein nun rechnerisch mögliches Bündnis mit der CDU und der FDP, wäre eine Abwahl des Grünen die logische Konsequenz.

„Ich bin aber optimistisch, dass es weitergeht“, sagt Werner-Boelz. Grüne und SPD hätten schließlich auch eine stabile Mehrheit. Und in der für ihn zentralen Aufgabe in seinem dicht besiedelten Bezirk, dem Vorantreiben des Wohnungsbaus, liegen beide Seiten nicht weit auseinander. „Um diese soziale Frage müssen wir uns weiter intensiv kümmern“, sagt er.

Vor allem aus konservativen Kreisen kam der Vorwurf, Werner-Boelz wolle das Eigenheim verbieten

Aber auch jenseits kommunalpolitischer Themen will Werner-Boelz noch einiges bewegen. So unterlag er zwar Anfang des Jahres vor dem Verwaltungsgericht, als es um einen Verstoß gegen das Neutralitätsgebot im Amt ging.

Werner-Boelz hatte der AfD unter anderem vorgeworfen, „Bruder im Geiste von Herrn Putin“ und „Feind der Demokratie, des Pluralismus und der Meinungsfreiheit“ zu sein. Die Stadt hat bereits einen Antrag auf Berufung gestellt. Erreichen will Werner-Boelz damit, dass die Rechtsprechung angesichts von Rechtsextremisten in deutschen Parlamenten überdacht wird.

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