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Nachtzug nach Surat ThaniMit der Schmalspurbahn von Bangkok

Nick Reimer
Kolumne
von Nick Reimer

Thailands Nachtzug zur Malaysischen Grenze verursacht nicht nur Flughafengefühle, sondern auch schöne Momente. Eine Reisekritik.

Bangkok, Thailand: ein Zugschaffner kontrolliert die Fahrgäste bevor der Nachtzug seine Reise fortsetzt Foto: Matt Hunt/ZUMA Wire/imago

W er von Thailands Hauptstadt Bangkok nach Malaysia reisen will, ist mit dem Flugzeug schneller am Ziel. Aber wir sind in Zeiten der Klimakrise. Zug 85, ein Express, beginnt seine Reise 19.50 Uhr vom neuen Bangkoker Bahnhof „Krung Thep Aphiwat“. Wobei „Bahnhof“ nicht der richtige Begriff für dieses riesige Bauwerk ist. Vom Fahrkartenschalter bis zu den „Gates“ kann die Distanz locker einen halben Kilometer betragen. Vor dem Gate von Zug 85 befindet sich eine Art Wartebereich wie auf Flughäfen.

Im Januar 2023 eröffnete das „Krung Thep Aphiwat Central Terminal“ offiziell. Dort werden eine halbe Stunde vor Abfahrt die Passagiere gebeten, sich am „Gate E“ einzufinden, weshalb sich eine Schlange wie beim Einsteigen in ein Flugzeug bildet. Eine Staatsbahn-Angestellte scannt das Ticket. Über eine Rolltreppe geht es dann in den ersten Stock. Erst oben angelangt, wächst die Gewissheit, doch auf dem Boden zu bleiben: Zug 85 steht bereit. Stuarts helfen beim Finden des richtigen Waggons.

„Class 2 Sleeping Coach (Air)“ bedeutet, dass hier rechts und links des Gangs ein Doppelstock-Liegensystem besteht: Die thailändische Staatsbahn verfügt über eine Spurbreite der Gleise von 1.000 Millimetern – was in Deutschland mit Spurbreite 1.435 Millimeter – als Schmalspurbahn gilt. Während in Deutschland meist 6 Liegen in ein Abteil passen, sind es in Thailand nur 4 Liegen. Aber das macht es luftiger, gemütlicher. Wer kann, sollte die leicht teurere untere Liege mieten, die oberen sind fensterlos. Und dringend einen Pullover bereithalten! „Air“ bedeutet: Das Abteil wird gekühlt.

Empfehlung: Bordrestaurant

Jede Kabine garantiert mit einem Vorhang Intimsphäre. Abgesehen von fliegenden Händlern, die mit oft feinem Singsang durch den Zug gehen, um durchaus nützlichen Reiseproviant anzubieten, ist es sehr still. Zur Liege, die schon frisch bezogen ist, gibt es ein Set Bettwäsche – sehr sauber – und eine frische Decke. Auch die Toiletten können als sauber beurteilt werden, wenngleich sich hier wie früher in Deutschland beim Drücken des Spülknopfs der nackte Schienenboden auftut.

Empfehlenswert ist ein Besuch des Bordrestaurants. Nicht dass hier besondere kulinarische Entdeckungen zu erwarten wären. Die Kell­ner:in­nen haben aber nicht viel zu tun und freuen sich über ein Gespräch. Dazu kommen offene Fenster – auch in den Wintermonaten kann es heiß in Thailand sein – und das Tatam-Tatam der Schienenschläge. Eisenbahnromantik pur.

Die Stadt Surat Thani im Süden Thailands erreicht der Nachtzug 85 nach 635 Kilometern gegen sechs Uhr früh. 714 Baht kostet ein Ticket, umgerechnet 19 Euro, es ist online buchbar, unter der Woche auch am Schalter. Ab Surat Thani gibt es zwei Möglichkeiten, die Grenze nach Malaysia zu überqueren: Mit dem nächsten Zug nach Sungai Kolok oder aber die Strecke nach Padang Besar – mit spektakulärer Landschaft vor dem Zugfenster. Hier steht der Folgezug auf dem Nachbargleis schon bereit. Kein schneller Flug, aber die schönere Erfahrung.

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Nick Reimer
Seit 1998 bei der taz (mit Unterbrechungen), zunächst als Korrespondent in Dresden, dann als Wirtschaftsredakteur mit Schwerpunkt Energie, Klima und Landwirtschaft, heute Autor im Zukunftsressort.
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1 Kommentar

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  • Eigentlich ein schöner Bericht in einer sehr schönen Reihe über Nachtzüge. Nur warum muss immer der Verweis auf die Klimakrise sein? Zumindest in dem Bericht finde ich ihn deplaziert, denn um von Deutschland nach Thailand zu kommen, dürften mindestens 99 % der Reisenden das Flugzeug nehmen. Wenn fliegen so "böse" ist, müsste sich diese Reihe auf Nachtzüge in Europa beschränken (die Transsibirische Eisenbahn fällt leider bis auf weiteres aus, obwohl sie der Höhepunkt aller Bahnreisen wäre).