Erdgasförderung vor Borkum: „Nicht genehmigungsfähig“

Der niederländische Konzern ONE-Dyas will vor Borkum nach Gas bohren. Die Niederlande geben grünes Licht, aber Niedersachsens Umweltminister ist dagegen.

Ein Schild gegen die geplante Erdgasförderung steckt im Sand eines Strandes auf Borkum.

Dem schließt sich nun auch Umweltminister Meyer an: Protest der Um­welt­schüt­ze­r*in­nen auf Borkum Foto: dpa | Sina Schuldt

OSNABRÜCK taz | Borkum weiß, was Touristen anlockt. Der Imagefilm der ostfriesischen Insel zeigt Robben und Strandkörbe, glückliche Menschen bei Surfing und Yoga. Vom Erdgas-Bohr-Projekt des niederländischen Energiekonzerns ONE-Dyas, rund 20 Kilometer nordwestlich der Insel, ist hier nichts zu sehen.

Nichts davon, dass die geplante Förderplattform N05-A dicht am Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer liegen soll, der zum Unesco-Weltnaturerbe zählt. Nichts davon, dass die Bohrung zwar auf niederländischem Territorium geschähe, unter dem Meeresboden jedoch auf deutsches Gebiet übergriffe. Geht es nach einem Bündnis von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen wird es nie zu den Bohrungen kommen. Doch die Kri­ti­ke­r:in­nen haben gerade eine juristische Schlappe erlitten.

Mitte April noch hatte ein Gericht in Den Haag die Genehmigung für den Bau der Plattform ausgesetzt: Eine Umwelt-Unbedenklichkeitsbescheinigung fehlte. Geklagt hatte ein Bündnis der Deutschen Umwelthilfe (DUH) mit der Stadt Borkum, Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen aus Deutschland und den Niederlanden. Die DUH befürchtet Vergiftungen durch Produktionswasser, eine Absenkung des Meeresbodens und Erdbeben. Hinzu komme die Freisetzung von Millionen Tonnen CO2 bei der Verbrennung des Gases.

Doch die Erleichterung nach dem Den Haager Urteil war nur von kurzer Dauer. Ende Mai hat das niederländische Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz ONE-Dyas eine neue Genehmigung erteilt – Grund für den nächsten juristischen Kampf in Den Haag, diesmal vor dem Staatsrat. Derweil ist die Plattform bereits gechartert. Sobald sie im Einsatzgebiet eintrifft, könnte ONE-Dyas mit der Bohrung beginnen. Angepeilte Laufzeit sind 35 Jahre.

Tanja Schlampp, Initiative Wattenmeerschutz Cuxhaven

„Das ist eine schwere Verletzung der Natur“

Neben Greenpeace und dem BUND Niedersachsen kämpft auch die Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland gegen ONE-Dyas. Ihre Hoffnung: Eine deutsche Genehmigung für das Gasprojekt gibt es bisher nicht, und wenn sie versagt wird, hat ONE-Dyas Probleme. „Das scheint an der Politik zu hängen“, sagt Bernd Meyerer, Sprecher der Initiative. „Die Entscheidung hätte schon längst getroffen sein können. Aus naturschutzrechtlicher Sicht ist das Projekt nicht genehmigungsfähig.“ Aber auch die Gegenseite ist nicht untätig. Meyerer: „Im Hannoveraner Landtag, hören wir, gehen die Lobbyisten von ONE-Dyas ein und aus.“

Dann erzählt er von den seltenen Steinriffen, die durch N05-A gefährdet würden. „Wir haben beantragt, sie als Natura 2000-Gebiet unter Schutz zu stellen. Geschehen ist bisher nichts.“ Die Bohrung vor Borkum sei ein Versuchsballon, um in Zukunft weitere Gasfelder auszubeuten.

Borkums Bürgermeister Jürgen Akkermann (parteilos) hat jüngst mit Tjark Goerges (parteilos), Bürgermeister der Inselgemeinde Juist, einen offenen Brief an den niedersächsischen Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz, Christian Meyer (Grüne), geschrieben: Das Projekt sei „mit den deutschen Meeres- und Klimaschutzzielen sowie dem Status als Unesco-Weltnaturerbe nicht vereinbar“. Bisher habe Meyer nicht geantwortet, schreibt Sandra Franke, die Umweltbeauftragte der Stadt Borkum, der taz.

Auch Franke fürchtet, dass die Bohrungen zu Erdbeben führen könnten. Zudem bestehe die Gefahr der Durchbohrung von Methantaschen; Methan ist weit klimaschädlicher als CO2. „Dies verstärkt den Anstieg der Treibhausgasemissionen und damit den Anstieg des Meeresspiegels, der auch deutsche und niederländische Inseln bedroht“, schreibt Franke.

„Das alles ist eine schwere Verletzung der Natur“, sagt Tanja Schlampp, Initiative Wattenmeer-Schutz Cuxhaven, der taz. „Und das ist nur eins von vielen Beispielen, von der CO2-Verpressung in den Meeresboden bis zu LNG-Terminals.

Minister Meyer hat sich auf taz-Anfrage klar positioniert: „Aus Sicht der Umwelt, des Klimas, des Naturschutzes, des Schutzes der Inseln und des Wattenmeers sowie im Sinne des Erhalts des Weltnaturerbe-Status des Wattenmeeres ist die beantragte Gasförderung vor Borkum zur Zeit nicht genehmigungsfähig“, schreibt seine Pressestelle.

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