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Podcast „Rammstein – Row Zero“Gegen das Vergessen

Der Podcast „Rammstein – Row Zero“ arbeitet die Vorwürfe gegen Till Lindemann auf. Verstörend sind nicht nur die Erzählungen der interviewten Frauen.

„Rammstein“ live auf der Bühne Foto: Sebastian Dammark/Gonzales Photo/imago

Gut ein Jahr ist vergangen, seitdem die Vorwürfe zahlreicher Frauen gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann erstmals öffentlich wurden. Laut Schilderungen der Frauen kam es im Umfeld der Band jahrzehntelang zu Machtmissbrauch und Sex. Der Podcast „Rammstein – Row Zero“ vom NDR und von der Süddeutschen Zeitung widmet sich in den vier bisher erschienenen Folgen der persönlichen Perspektive betroffener Frauen und stellt das System „Row Zero“ detailliert dar.

Der Podcast

„Rammstein–Row Zero“, abrufbar in der ARD-Audiothek

Auch wenn der Podcast keine gänzlich neuen Erkenntnisse hervorbringt – schließlich wurde die Causa Rammstein in deutschen Medien bereits rauf und runter debattiert – macht er die Geschichten der jungen Frauen erleb- und fühlbar. Leichte Kost ist der Podcast nicht, denn was die Frauen erzählen, ist auch nach einem Jahr voller Berichterstattung über Rammstein schockierend.

Zuhören lohnt sich aber. Denn während die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen Lindemann wegen des Verdachts auf Sexual- und Drogendelikte im August letzten Jahres einstellte und die Band weiter unbehelligt durch ausverkaufte Stadien in Europa tourt, drohen die Geschichten der betroffenen Frauen in Vergessenheit zu geraten. Bewegend erzählen die Frauen im Podcast, wie sie die Band einst vergötterten und schließlich Opfer eines Systems wurden, das den Kult rund um Rammstein mutmaßlich ausnutzte, um sexuellen Bedürfnisse des Sängers Lindemann zu erfüllen.

Verstörend sind dabei nicht nur die Erzählungen der Frauen, sondern auch Inter­view­mit­schnitte, Songtexte und Gedichte der Bandmitglieder, die im Podcast vorkommen. Während Lindemann in seinen Gedichtbänden von sexuellem Missbrauch schwärmt und Keyboarder „Flake“ in Interviews erzählt, wie er nur mit Frauen Sex hat, wenn sie sturzbetrunken sind, berichten die Betroffenen von den Folgen des mutmaßlichen Machtmissbrauchs. Diese Gegenüberstellung ist schmerzhaft und doch hörenswert.

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5 Kommentare

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  • "Bewegend erzählen die Frauen im Podcast, wie sie die Band einst vergötterten und schließlich Opfer eines Systems wurden, das den Kult rund um Rammstein mutmaßlich ausnutzte, um sexuellen Bedürfnisse des Sängers Lindemann zu erfüllen."



    ... Finde es falsch hier von sexuellen Bedürfnissen zu sprechen. Es gibt kein sexuelles Bedürfnis nach sexuellem Missbrauch!

    • @soya:

      Ich weiß das nicht so genau. Sexualität ist vielfältig, wohl selten nur altruistisch drauf.



      Einige ihrer Facetten sollte man also besser nicht ungefiltert in der Realität ausleben, vielleicht wäre das eine Formulierung.

  • Nein, ich verstehe keine Person wirklich vollends, der/die regelrecht Fan von jemand anders ist, der auf Rockbühnen herumturnt.



    Ich finde ferner das öffentlich sichtbare Gehabe von Rammstein genauso nicht meins wie die eintönige Musik.



    Jeder benehme sich respektvoll, damit könnte man beginnen. Nutze niemanden aus. Zugleich in dubio pro reo, auch wenn man den Angeklagten null mag.

    • @Janix:

      Es gibt keinen Angeklagten. Es gibt/gab keine Anzeige gegen Till Lindemann. Es gibt Frauen, die ihre Geschichten erzählen.

      • @ecox lucius:

        Ja, und gleichzeitig ist es die Erzählung der Frauen, nicht die Geschichte.



        Ich muss Lindemann nicht mögen, um daran zu erinnern, dass man einerseits besagter Erzählung ausreichend Raum geben mag und doch sie nicht gleich mit der Realität gleichsetzt, vergleichbar mit in dubio pro reo.