Onlinewerbung für Kindersnacks: Flunkernde Influencer
Irreführende Werbung: Für Kinder ungeeignete Produkte sollten nicht auf Social Media angepriesen werden dürfen, fordert die Verbraucherzentrale Hamburg.
Berlin taz | Sie nennen sich Mom- oder Dadfluencer – und nutzen gerne auf Social-Media-Kanälen einen emotionalen Zugang, um für ungesundes Essen für Kinder oder Familien zu werben: „Capri-Sun begleitet ja auch mich seit meiner Kindheit. Wir wollten die neue Zero-Variante unbedingt mal ausprobieren. Die ist ohne raffinierten Zucker – dafür mit Süßstoff“, erklärt eine „franzisaidwhat“ genannte Influencerin.
Das Produkt wird mit „zero sugar“ beworben. Süßstoffe haben jedoch laut Expert*innen in Kinderernährung nichts zu suchen, weil sie an Süßes gewöhnen, monierte am Montag die Verbraucherzentrale Hamburg.
Influencer würden es bei ihrer Werbung mit der Wahrheit nicht genau nehmen – und für Kinder völlig ungeeignete Produkte anpreisen, haben die Verbraucherschützer nach der Überprüfung von Werbefilmchen für 13 Riegel, Kaugummis oder Süßgetränke festgestellt. Diese würden häufig als „gesund“, „zuckerfrei“ oder „ohne industriellen Zucker“ angepriesen – enthielten aber trotzdem viel Zucker, nicht empfehlenswerte Ersatzstoffe oder unnötige Vitamine.
Der Staat müsse handeln: Die Verbraucherzentrale forderte strengere Kontrollen und Regeln für die Vermarktung von Kinderlebensmitteln. Ungeeignete Produkte sollten nicht auf Social Media von Influencer*innen angepriesen werden dürfen.
Vermeintlich „natürlich“, aber ungesund
„Die kleinen Freuden im Alltag sind süß und bunt und von @juicydrop.de“ bewirbt so „nadine6809“ das Fruchtgummi Bazooka Candy. 100 Gramm des Produkts enthalten jedoch über 51 Gramm Zucker. Es werde dennoch „verharmlosend als leckere Alltagsfreude für zwischendurch dargestellt“, urteilt die Verbraucherzentrale. Das Produkt sei nicht nur viel zu süß, sondern enthalte auch den Farbstoff Brillantblau, von dem die Expert*innen abraten.
Selbst vermeintlich „natürliche“ Snacks wären oft ungesund. So sollen die gefriergetrockneten Erdbeeren von „Buah“ eine fruchtige Alternative zu frischem Obst sein, enthielten jedoch zehnmal mehr Kalorien- und Zucker als frische Erdbeeren. „Traumjob.Mama“ wirbt trotzdem: „Feeling: wie eine Süßigkeit. Tatsache: 100 Prozent Natur.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lang geplantes Ende der Ampelkoalition
Seine feuchten Augen
Telefonat mit Putin
Falsche Nummer
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Etgar Keret über Boykotte und Literatur
„Wir erleben gerade Dummheit, durch die Bank“
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS