Reform der Öffentlich-Rechtlichen : Rundfunk auf Kurfahrt

Ökonomen mögen einen Verkauf des ÖRR an private Investoren für ok halten. Doch das widerspäche dessen Grundsatz und birgt Gefahren für die Demokratie.

Tanzende Zuschauerinnen im ZDF Fernsehgarten

Im Fernsehgarten werden viele junge Menschen auf jeden Fall nicht abgeholt Foto: Eibner-Pressefoto/imago

Was kommt heraus, wenn sich sechs Öko­no­m*in­nen treffen und über den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk (ÖRR) nachdenken? Die Antwort ist so naheliegend wie langweilig: Sie fordern Sparmaßnahmen und mehr Wettbewerb. Selbst ein Verkauf des ZDF an „private Investoren“ sei denkbar, schreibt der Ökonom Justus Haucap in einer Publikation, die am Montag exklusiv der Branchenzeitung Pioneer vorlag.

Ja, der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk braucht Reformen. Etwa bei der längst überfälligen Digitalstrategie, bei dem Verwaltungswirrwarr der Anstalten und der Frage, wie man etwa junge Menschen abholen möchte, dürfen die Ideen radikal sein. Und tatsächlich gibt es dafür zum Beispiel einen Rat, der von der Rundfunkmission eigens für „die zukünftige Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ eingesetzt wurde.

Im Januar präsentierte er seine Ergebnisse. Die lesen sich bereits ziemlich revolutionär. Der Rat fordert beispielsweise grundlegende Änderungen bei der Finanzierung und weniger Macht der Intendant*innen. Die „Radikal-Kur“, wie sie Haucap, Clemens Fuest, Präsident des ifo-Instituts, Heike Schweitzer von der Humboldt-Universität Berlin und andere fordern, klingt dann gar nicht mehr so radikal.

Gerade die Idee der Privatisierung sollte aber aufhorchen lassen, denn sie widerspricht einem Grundsatz, für den der ÖRR gegründet wurde, maßgeblich: Die Staatsferne als zentrales Prinzip, aber eben auch die Freiheit von Wettbewerbszwängen auf dem freien Markt. Denn der Markt wird sicher nicht regeln, dass die Inhalte pluralistisch sind, wie es im Medienstaatsvertrag festgehalten ist.

Auch etwaige Forderungen des kurzfristigen Sparens können kein Ersatz für eine langfristige Strategie sein. Diese sollte aber zum Ziel haben, in Zeiten einer grundsätzlichen Vertrauenskrise in Medien und von erschwerten Bedingungen der Berichterstattung einen starken, unabhängigen Journalismus zu erhalten und weiter zu stärken.

Dafür brauchen wir den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk, auch wenn sich das für sechs Öko­no­m*in­nen vielleicht nicht rechnet.

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Aus Kassel, lange Zeit in Erfurt gelebt und Kommunikationswissenschaft studiert. Dort hat sie ein Lokalmagazin gegründet. Danach Masterstudium Journalismus in Leipzig. Bis Oktober 2023 Volontärin bei der taz. Aktuell über Medienpolitik, Essen und Witze schreiben und die taz.de Seite aktualisieren.

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