Proteste gegen Tourismus auf Mallorca: Nicht nur billig ist schädlich

Nur auf den Massentourismus am Ballermann herabzuschauen, ist Selbstbetrug. Reisen ist insgesamt zum Problem geworden.

Your luxury, our misery steht auf einem Pappschild, das Demosntranten auf Mallorca hochhalten

Es sind nicht nur die Billigurlauber, die den Tourismus zum Problem machen Foto: Clara Margais/dpa

Eigentlich ist es verwunderlich, dass es nicht schon lange massive Proteste gegen den stetig weiterwachsenden Tourismus in dessen Hochburgen gibt. Wohnungsnot, überteuerter Wohnraum, das Verschandeln der Landschaft, entseelte Städte, der massive Ressourcenverbrauch – all das wird von Bür­ger­ini­tia­ti­ven und Umweltgruppen thematisiert, ob in Venedig, in Barcelona oder jetzt auf Mallorca.

Nun erlebt „die liebste Urlaubsinsel der Deutschen einen der größten Proteste ihrer Geschichte“, schreibt die dpa. 25.000 Menschen gingen nach Schätzung der Veranstalter auf die Straße und skandierten: „Mallorca steht nicht zum Verkauf“, oder: „Wohin man auch schaut, es sind alles Ausländer hier.“

Es ist nach den Protesten auf den Kanaren dieses Jahr die zweite große Protestwelle in Spanien gegen den touristischen Ausverkauf. Wie ein Symbol für den überreizten touristischen Ausverkauf der Insel stürzte am Rande der Proteste ein Restaurant am Ballermann ein.

Als Ursache werden Baumängel und Überlastung vermutet. Was bei den schnell hochgezogen touristischen Anlagen auf der Jagd nach dem maximalen Shareholder-Value kein Wunder ist. Nachhaltigkeit der Strategie oder Wertigkeit des Baus spielen dabei fast nie eine Rolle, auch wenn inzwischen überall vollmundig für beides geworben wird. Bei dem Unglück gab es vier Tote, darunter zwei junge Frauen aus Deutschland.

Reisen ist insgesamt zur Massenveranstaltung geworden

Das Unglück am Ballermann, der als massentouristische Vergnügungsmeile bekannt ist, lenkt die Kritik aber leider auf Billigurlauber, die vorschnell zum Buhmann stilisiert werden. Aber Billig­urlauber sind nicht nur die Freunde des Ballermanns, es sind auch die, die im Billigflieger nach Mallorca fliegen, um in der gepflegten Finca am wasser­intensiven Pool zu liegen.

Das Reisen ist zur massenhaften Veranstaltung geworden. Ob im Viersterne­hotel, in der All-­inclusive-Anlage oder im schicken Airbnb ist dabei nicht nur eine Frage des Stils, sondern bedeutet vor allem einen preislichen Unterschied. Es wird Zeit, das eigene Reiseverhalten zu überdenken und neben dem Wort Flugscham ein Schmähwort für das bewusstlose Konsumieren von Städten und Regionen zu erfinden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Schwerpunkte: Reise und Interkulturelles. Alttazzlerin mit Gang durch die Institutionen als Nachrichtenredakteurin, Korrespondentin und Seitenverantwortliche. Politologin und Germanistin mit immer noch großer Lust am Reisen.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.