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Abschiede von Kroos, Klopp und CoFußball zum Heulen schön

Eine Saison der großen Abschiede geht zu Ende. Auch Weltmeister Toni Kroos hört auf. Und das Profigeschäft entfaltet seine volle emotionale Wucht.

Abgang mit Wehmut: Kroos ist „sehr happy“ und „sehr traurig“ Foto: Susana Vera/reuters

J etzt also auch noch Toni Kroos. Es ist die Saison der großen Abschiede im deutschen Fußball. Selten ist so viel getrauert worden, sind so viele Tränen geflossen, sind so viele Reden der Bewunderung und Ehrerbietung gehalten, in den Kurven so emotionale und spektakuläre Choreos zusammengebastelt worden.

Die emotionale Wucht des Fußballs ist unwiderstehlich und vermutlich der Grund, weshalb auch die vermehrte Ins­tru­mentalisierung dieser Branche durch windige Investoren und superreiche, geltungsbedürftige Staaten der Popularität dieses Sports und dem Zulauf der Massen offenbar nichts anhaben kann.

Angefangen hat es mit den nicht selbst bestimmten Abschieden. Franz Beckenbauer wurde monatelang gehuldigt. Ende April, beim Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid, stand er im eigenen Stadion noch einmal im Mittelpunkt. „Kaiser Franz“ war rot auf weiß in der Südkurve zu lesen. Und sein vollständiges Abbild entfaltete sich von den Rängen unter dem Dach bis ganz nach unten. Emotional erschüttert zeigten sich unzählige über den Tod von Andy Brehme.

Dann kamen all die selbst bestimmten Abschiede zum Ende der Saison hinzu. Vereinslegenden wie Marco Reus (Borussia Dortmund), Lars Stindl (Karlsruher SC) oder Fabian Klos (Arminia Bielefeld) ließen die Ergebnisse am letzten Spieltag nebensächlich werden angesichts der hundertfachen Erinnerungen kollektiver Glücksmomente. Der Zeitpunkt des Abgangs war selbst gewählt, aber freilich wirkte der Zahn der Zeit mit.

Mit Liebe und Trauer geradezu überschüttet wurden aber Jürgen Klopp und Christian Streich, die im Zustand der Erschöpfung sich für eine Schaffenspause entschieden haben, dies ihren Vereinen vorzeitig mitteilten und eine mehrwöchige Abschiedstournee bestritten. Die Fan-Base der beiden reicht weit über einen Verein hinaus. Geradezu verstört bekannte Streich am Ende der Saison, er müsse erst seine Mitte wiederfinden. Der Tsunami der bundesweiten Sympathiebekundungen überforderte ihn sichtlich. Geübter im Umgang damit wirkte Klopp, der seinen größten Bewunderern bei seinem letzten Auftritt in Liverpool in seiner gewohnt lässigen Art mit auf den Weg gab, dass der Verein auch ohne ihn überlebensfähig ist.

Überbordende Emotionen

Die Relativierung seiner Bedeutung lässt ihn in den Augen vieler nur noch größer werden. Der Sehnsucht des Fußballs nach Heroen und Überhöhung kann keiner entkommen, selbst wenn er es wirklich will. Es ist verdammt schwierig, dieses Becken der überbordenden Emotionen zu verlassen.

Von der schwierigsten Entscheidung seines Lebens sprach Toni Kroos diese Woche. Er sei „sehr happy“ und „sehr traurig“ zugleich. Der 34-Jährige beendet seine Karriere auf dem denkbar höchsten Level. Nach zehn Jahren bei Real Madrid könnte er gegen Borussia Dortmund seinen sechsten Champions-League-Titel gewinnen. Und im Anschluss soll der Weltmeister von 2014 das DFB-Team bei der Europameisterschaft im eigenen Land zum größtmöglichen Erfolg führen.

Weil es dem Team an einem Halt fehlt, ließ er sich nach seinem Abschied 2021 zu einem Comeback beim DFB überreden. Es ist eben nicht einfach das Abschiednehmen. Es werden gewiss viele Tränen um Kroos vergossen werden – vielleicht auch mit ihm. Und höchstwahrscheinlich wird Kroos sagen, dass er ohne all die anderen nichts wäre. Fußball ist doch zum Heulen schön.

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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2 Kommentare

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  • Das Schönste am Fußball sind also die Abschiede ...

  • Welche Trainer wurden eigentlich am öftesten verwarnt oder auf die Tribüne geschickt?



    Klopp und Streich ganz vorne mit dabei?



    Vorbildfunktion missverstanden, Spieler vom ewigen Reklamieren abgeraten, oder eher nicht?

    Weniger Emotionen wäre manchmal mehr (Anstand, z. B.).