Präsidentschaftswahl in Litauen: Nausėda hat die Nase vorn

Amtsinhaber Nausėda holt bei der Präsidentschaftswahl 44 Prozent. In der zweiten Runde trifft er auf die konservative Ministerpräsidentin Ingrida Šimonytė.

Eine Frau mit einem Kind auf dem Arm wirft einen Stimmzettel in die Urne

Stimmabgabe am Sonntag in Vilnius Foto: Mindaugas Kulbis/ap

BERLIN taz | Die Prognosen haben sich bewahrheitet, die Präsidentschaftswahl in Litauen geht in die zweite Runde. Bei der Abstimmung am Sonntag kam Amtsinhaber Gitanas Nausėda auf 44 Prozent der Stimmen. Er war als unabhängiger Kandidat angetreten, wurde aber von den oppositionellen Sozialdemokraten unterstützt.

Die derzeitige Ministerpräsidentin Ingrida Šimonytė von der konservativen Partei Vaterlandsbund – Christdemokraten Litauens (TS-LKD), die eine Mitte-rechts-Koalition anführt, erhielt knapp 20 Prozent der Stimmen. Auf dem dritten Platz landete der rechtspopulistische Jurist Ignas Vėgėlė mit 12 Prozent.

Insgesamt hatten sich acht Kan­di­da­t*in­nen um das höchste Staatsamt beworben. Die Wahlbeteiligung lag bei 59,4 Prozent. Bereits 2019 hatten sich Nausėda und Šimonytė in einer Stichwahl gegenübergestanden, die Nausėda mit 66,5 Prozent klar für sich entschieden hatte. Die Neuauflage des Duells findet am 26. Mai statt.

Bei einer Pressekonferenz am Montag zeigte sich Nausėda zufrieden mit dem Ergebnis. „Ich möchte den Menschen in Litauen danken, die mir nach fünf wirklich schwierigen Jahren ihr Vertrauen zum Ausdruck gebracht haben, als wir trotz sehr ernster Probleme und kritischer Herausforderungen immer noch die Zukunft im Blick hatten“, sagte er.

Kein Platz für Homophobie

Obwohl die Zweitplazierte Šimonytė deutlich hinter ihrem Ergebnis von 2019 (31,5 Prozent) zurückblieb, gab sie sich optimistisch. Sie habe erreicht, dass Menschen, die für ein westliches Litauen stimmen, wo es keinen Platz für Verschwörungstheorien, Homophobie oder andere Dinge gebe, die nicht den Grundsätzen der liberalen Demokratie entsprächen, im zweiten Wahlgang eine Alternative hätten, sagte sie.

Dem litauischen Staatsoberhaupt kommt vor allem in der Außen- und Sicherheitspolitik eine wichtige Rolle zu. Der Präsident beziehungsweise die Prä­si­den­tin steht an der Spitze der Streitkräfte und ist Vorsitzende/r des höchsten Gremiums für Verteidigung und nationale Sicherheitspolitik. Er/sie vertritt das Land bei Gipfeltreffen der Europäischen Union und der Nato.

Vor allem vor dem Hintergrund von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine plädieren sowohl Nausėda als auch Šimonytė für eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben. Derzeit entsprechen diese 2,75 Prozent der Wirtschaftsleistung, die Regierung peilt eine Erhöhung auf 3 Prozent an. Derzeit ist eine Kampfbrigade von 5.000 Bun­des­wehr­sol­da­t*in­nen in Litauen im Aufbau, die bis 2027 einsatzbereit sein soll.

Parallel zur ersten Runde der Präsidentenwahl am Sonntag fand auch ein Referendum über eine doppelte Staatsbürgerschaft statt. Dabei ging es um eine Ergänzung des Artikels 12 der litauischen Verfassung, wonach bislang außer in gesetzlich vorgesehenen Einzelfällen niemand Staats­bür­ge­r*in der Republik Litauen und eines anderen Staates sein darf. Dies betrifft vor allem Litauer*innen, die das Land nach der Unabhängigkeit 1990 verlassen hatten und Bür­ge­r*in­nen eines anderen Staates geworden waren.

Quorum verfehlt

Der neue Vorschlag lautete: „Die Staatsbürgerschaft der Republik Litauen wird bei der Geburt und aus anderen Gründen und in Übereinstimmung mit dem in einem Verfassungsgesetz festgelegten Verfahren erworben.“ Das Verfassungsgesetz regelt auch die Gründe und das Verfahren für den Verlust der Staatsbürgerschaft der Republik Litauen.

Zwar stimmten Angaben der Zentralen Wahlkommission zufolge 73,9 Prozent der Wäh­le­r*in­nen mit Ja. Dennoch wurde das erforderliche Quorum verfehlt, da mindestens die Hälfte aller Wahlberechtigten der geplanten Änderung hätte zustimmen müssen. Am Ende fehlten dafür rund 190.000 Stimmen.

Bereits 2019 hatte ein entsprechendes Referendum stattgefunden. Damals hatten sich 72,92 Prozent der Wäh­le­r*in­nen für eine Liberalisierung des Staatsbürgschaftsrechts ausgesprochen. Da das notwendige Quorum nicht erreicht wurde, war der Volksentscheid ungültig.

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