Demos gegen Verdrängung: Eine Grube für die Investoren

In Friedrichshain-Kreuzberg protestieren Mie­te­r:in­nen am Samstag gleich zweimal gegen Verdrängung und Gentrifizierung.

Wohnhaus-Fassade aus Beton

Am Hafenplatz sollen günstige Sozialwohnungen abgerissen werden Foto: IMAGO / Schöning

BERLIN taz | Wer am Samstagnachmittag in Friedrichshain-Kreuzberg gegen Gentrifizierung auf die Straße gehen wollte, hatte die Qual der Wahl. Um 15 Uhr begann in der Mainzer Straße das traditionelle Häuserrennen, eine Protestaktion aus dem subkulturellen Milieu, die an der Köpi mit einer Party endete. Knapp zwei Kilometer entfernt startete zur selben Zeit eine Mie­te­r*in­nen­pa­ra­de unter dem Motto „Der Kiez hat Eigenbedarf“.

Sie zog zu Orten von Verdrängung und Widerstand in Kreuzberg. Die erste Station war die Reichenberger Straße 142. Dort errichtet die Ziegert Group den Neubau „Hype & Hide“. Die 10 Wohnungen, die dort entstehen, werden für Preise von 690.000 bis 2,5 Millionen Euro angeboten.

„Die Be­woh­ne­r*in­nen des Stadtteils brauchen alles Mögliche, aber auf keinen Fall Luxusbauten“, sagte Silke Schmidtke von der Initiative „No Hype and no Hide“. „Im Reichenberger Kiez in Kreuzberg werden vermehrt solche Nobelprojekte in Hinterhöfe errichtet“, kritisiert die Initiative. Sie hat sich mit anderen Kreuzberger Projekten zum Betongold-Bündnis zusammengeschlossen.

Entstanden ist die Kooperation auf der letzten Kreuzberger Kiezversammlung, auf der sich in unregelmäßigen Abständen Mie­te­r*in­nen vernetzen. An der zweiten Station der Parade warteten Aktivist*innen, die Plakate mit der Parole „Kein Luxusneubau auf dem Eck-Grundstück Oranienstraße 1“ trugen. Auf der Brache, deren eine Häuserwand lange für große Wandbilder mit politischem Hintergrund bekannt war, soll ein Hotel mit angeschlossenem Co-Working-Space entstehen.

Erster Anti-Spatenstich

Das Bezirksamt hat eine Bauanfrage abgelehnt. „Wir wissen von anderen Projekten, dass solche Pläne trotzdem weiterverfolgt werden“, erklärt Corinna. Sie hat am Samstag den ersten Spatenstich auf der Brache getätigt – allerdings für eine Grube, in der die Investorenpläne versenkt werden sollen.

Im Anschluss fuhr ein Teil der Mietre­bel­l*in­nen per Rad oder Bahn zur letzten Proteststation, dem Hafenplatz. Dort sollen die letzten Häuser des sozialen Wohnungsbaus mit einer Kaltmiete unter 8 Euro abgerissen werden. „Es werden nur noch befristete Mietverträge ausgestellt“, berichtete eine Mieterin. Dort haben Studierende und Geflüchtete die Initiative „Hafenplatz bleibt“ gegründet. Diese Parole war noch bis zum späten Abend auf dem Rasen vor den Häusern zu hören, wo die Parade mit einer Party ausklang.

„Spätestens am 1. Juni sehen wir uns zur großen Mie­te­r*in­nen­de­mo um 14 Uhr am Potsdamer Platz“, beendete eine Rednerin die Parade. Dann haben die Mietre­bel­l*in­nen wenigstens nicht mehr das Problem, zwischen zwei Demonstrationen entscheiden zu müssen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.