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Studie zu Geflüchteten auf ArbeitsmarktJe länger, desto mehr

Eine neue Studie zeigt, dass die Erwerbstätigenquote von Geflüchteten mit der Aufenthaltsdauer steigt. Insgesamt fällt sie aber noch recht niedrig aus.

Eine Geflüchtete in der Übungswerkstatt von Arrivo in Berlin Foto: Michael Gottschalk/photothek/imago

Nürnberg epd | Die Erwerbstätigenquote von geflüchteten Menschen steigt mit der Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland. Das zeigt eine am Donnerstag veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg. Demnach sind sieben Jahre nach ihrem Zuzug 63 Prozent der Geflüchteten erwerbstätig. Acht Jahre nach dem Zuzug sind es 68 Prozent. Die Untersuchung bezieht sich auf geflüchtete Menschen, die zwischen 2013 und 2019 nach Deutschland gekommen sind.

Unter den 2015 zugezogenen geflüchteten Frauen waren laut Studie 31 Prozent erwerbstätig, unter den Männern 75 Prozent. Nach Erkenntnissen der Arbeitsmarktforscher stieg mit zunehmender Aufenthaltsdauer nicht nur die Erwerbstätigenquote, auch die Beschäftigungsqualität verbesserte sich. So waren 76 Prozent der beschäftigten Geflüchteten, die 2015 zugezogen sind, 2022 in Vollzeit beschäftigt.

Die mittleren Bruttomonatsverdienste lagen für Vollzeiterwerbstätige der 2015 zugezogenen Kohorte bei 2.570 Euro, für alle erwerbstätigen Geflüchteten bei 2.250 Euro. Mit einem mittleren Bruttostundenlohn von 13,70 Euro lagen die mittleren Verdienste der 2015er-Kohorte im Jahr 2022 über der Niedriglohnschwelle von 12,50 Euro in Deutschland.

„Die institutionellen und politischen Rahmenbedingungen sind entscheidend für die Arbeitsmarktintegration“, erklärte IAB-Forschungsbereichsleiter Herbert Brücker. So gehe die Beschleunigung der Asylverfahren und schrittweise Reduzierung der Fristen für Beschäftigungsverbote mit einem Anstieg der Erwerbstätigenquoten der Geflüchteten einher. Die Ergebnisse zeigten auch, dass Wohnsitzauflagen die Erwerbsaufnahme beeinträchtigen und eine Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen in einem besonders starken negativen Zusammenhang mit der Arbeitsmarktintegration steht. Für Männer, die in solchen Gemeinschaftsunterkünften leben, sei die Wahrscheinlichkeit einer Erwerbstätigkeit um fünf Prozentpunkte geringer, für Frauen um drei Prozentpunkte.

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3 Kommentare

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  • Normalerweise sind Geflüchtete sechs Monate in einer Erstaufnahme und danach können sie zumindest meist selber kochen und haben mehr in eigener Regie. Je nach Kommune oder Stadt fehlt es aber momentan an Plätzen, wenn man das hier akzeptiert, dann dürfte die Quote an Erwerbstätigkeit ja sinken, weil die Geflüchteten länger in Heimen sind und weil sie langsamer zu einer eigenen Wohnung gelangen und somit stärker eingeschränkt werden. Klappt man die Bezahlkarte noch drauf, dürfte sich das also nochmals verlangsamen und das könnte ich dann schon als politischen Fehler bezeichnen. Wenn Geflüchtete sich selber ernähern können sollen und wenn sie ihre Kosten selber stemmen sollen, dann ist die Bezahlkarte das Gegenteil von eigenständig Geld verdienen. Es wäre Interessant, mehr Informationen zu erhalten, was sonst noch passiert mit Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt.

  • Ist doch eine ausgezeichnete Quote für vor Kriegen geflüchtete Menschen - die oft jahrelang in Angst auf ihre Familien warten mussten und nicht sofort mit Plätzen in Integrationskursen versorgt wurden.

    Sie mussten sich auch in eine ziemlich fremde Gesellschaft integrieren.

    Von einer zügig erteilten Arbeitserlaubnis konnten sie auch nur träumen.

    Das einzig Negative an diesen Zahlen ist der immer noch viel zu niedrige Mindestlohn - der muss dringend erhöht werden, denn davon kann man heute kaum noch leben.

  • Eine Arbeitsaufnahme kann schon als positiv empfunden werden. Nur sollte schon auch auf die Arbeitgeber respektive die Unternehmen geachtet werden. Unternehmen wie " Metzger "Tönnies sollte ja wohl nicht mehr als potentieller in Frage kommen.