Neue argentinische Regierung: Haushaltsplus nach rigidem Sparkurs

Der Internationale Gewerkschaftsbund kritisiert Lob des IWF für den argentinischen Präsidenten Milei. Das Land leidet unter drastischen Kürzungen.

Frauen stehen mit kleinen Kind an um Lebensmittelspenden zu bekommen

Angewiesen auf Lebensmittelspenden: Argentiniens Haushaltsüberschuss auf Kosten der Armen, Rentner und Angestellten des öffentlichen Sektors Foto: Agustin Marcarian/reuters

BUENOS AIRES taz | Argentiniens libertärer Präsident Javier Milei zeigte sich zuversichtlich: „Unser Plan funktioniert.“ Zum ersten Mal seit über 15 Jahren habe das Land wieder einen Haushaltsüberschuss erzielt, verkündete der vor rund vier Monaten ins Amt gekommene Präsident am Montagabend in einer landesweit im Fernsehen übertragenen Rede.

Im ersten Quartal erzielte der argentinische Staatshaushalt ein Plus von umgerechnet mehr als 294 Millionen Euro, was 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) des Landes entspricht. „Wir werden alles tun, um dieses Land aus der Hölle zu befreien, die wir geerbt haben“, fügte der Präsident in Anspielung auf die Vorgängerregierungen hinzu.

Allerdings hatte Milei nichts wirklich Neues zu verkünden. Er sprach am Vorabend eines landesweiten Protesttages der Universitäten gegen seine rigide Sparpolitik. Zu den Demonstrationen an der Marcha Federal Universitaria wurden am Dienstag mehrere Hunderttausend Menschen erwartet. Die Regierung hatte sich alle Mühe gegeben, der Mobilisierung den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Mit seiner Rede wollte Milei vor allem der Mittelschicht klarmachen, warum es sich lohnt, die schmerzhaften Einschnitte auch im Bildungsbereich in Kauf zu nehmen – und dass sich seine Sparpolitik am Ende auszahlen wird, kommentierte der Meinungsforscher Lucas Romero anschließend im Nachrichtensender TN. „Milei braucht die Unterstützung der Bevölkerung, auf nichts anderes kann er sich verlassen“, so Romero.

Drastische Diätenerhöhung

Mileis parlamentarische Schwäche wurde in der vergangenen Woche abermals deutlich, als sich die Mitglieder des Senat handstreichartig und mit breiter Mehrheit eine 170-prozentige Erhöhung ihrer Diäten genehmigten. Das steht im krassen Gegensatz zu den allgemeinen Lohnverhandlungen, für die die Regierung eine Obergrenze festgelegt hatte.

Wegen Letzterem erfährt Milei nun auch Gegenwind vom Internationalen Gewerkschaftsbund (IGB). „Diese Art von fehlgeleiteten, rechtsextremen Wirtschaftsmaßnahmen vertieft die Ungleichheit und untergräbt die demokratischen Grundlagen“, erklärte IGB-Generalsekretär Luc Triangle. Was den Gewerkschafter darüber hinaus richtig wütend machte, war das Lob des Internationalen Währungsfonds (IWF) für den vermeintlichen Erfolg dieser Maßnahmen.

„Der IWF feiert den Haushaltsüberschuss in Argentinien, aber es ist unverantwortlich, die menschlichen Kosten dieser wirtschaftlichen Schocktherapie zu ignorieren. Die Renten wurden gekürzt, Tausende Beschäftigte des öffentlichen Sektors wurden entlassen, der öffentliche Dienst steht kurz vor dem Zusammenbruch, die Arbeitslosigkeit steigt und die Lebensmittelarmut breitet sich aus“, so der IGB-Generalsekretär.

Wirtschaftsminister Luis Caputo war vergangene Woche zur Frühjahrstagung des IWF nach Washington gereist. „Schauen Sie sich Argentinien an, ein Land, das lange Zeit als Reformnachzügler galt, bewegt sich jetzt sehr schnell in Richtung einer Straffung der Haushaltsausgaben, damit private Investitionen eine bessere Rendite erzielen können“, durfte er IWF-Chefin Kristalina Georgieva sagen hören. Aber auch die Sorge vor steigenden sozialen Spannungen durch ebendiese Politik.

Am Ende flog der Wirtschaftsminister mit leeren Händen zurück. Die Regierung hatte auf einen neuen Milliarden-Kredit gehofft. Fresh money, das Milei für seinen nächsten Schritt dringend benötigt: Die Aufhebung aller Devisenbeschränkungen für einen freien Wechselkurs.

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