piwik no script img

Deutsche Wohnen EnteignenKein Rahmen in Sicht

Der Senat verschleppt das Vergesellschaftungsrahmengesetz. Dabei dient es selbst nur dazu die Vergesellschaftung zu verschleppen.

Für DWE gib es schon länger nichts mehr zu feiern Foto: Stefan Boness/Ipon

Berlin taz | Der Volksentscheid für die Vergesellschaftung der großen, privaten Wohnungskonzerne droht zweieinhalb Jahre danach in Vergessenheit zu geraten. Zwar gab es eine Expertenkommission, die das Vorhaben als rechtens einstufte, doch konkrete Schritte zur Umsetzung durch den schwarz-roten Senat sind nicht abzusehen. Das geht auch aus der Beantwortung auf eine neuerliche Anfrage der Linken-Abgeordneten Niklas Schenker und Elif Eralp hervor, die der taz exklusiv vorliegt.

Sie wollten vom Senat wissen, wie es um die Erarbeitung des Vergesellschaftungsrahmengesetzes bestellt ist – jenes Vorschaltgesetzes also, mit dem die Landesregierung zunächst allgemeine Kriterien für Vergesellschaftungen festlegen will. Das von Kri­ti­ke­r:in­nen als unnütz bezeichnete Gesetz sollte ursprünglich Mitte des Jahres fertig sein, dürfte sich nun aber auf unbestimmte Zeit hinauszögern.

Wie aus der Antwort hervorgeht, gab es seit dem Auftakttreffen der beteiligten fünf Senatsverwaltungen im vergangenen September erst zwei Folgetreffen. „Gegenstand aller Termine waren verfassungsrechtliche Überlegungen, Erwägungen hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenzen des Landes Berlin sowie mögliche Anwendungsüberlegungen“, heißt es vom Senat. Dabei seien weder bestehende Gutachten etwa der Expertenkommission „Beratungsgegenstand“ gewesen, noch wurde sich Expertise von außen geholt. Für die Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Akteure, etwa Deutsche Wohnen & Co Enteignen bestehe „keine Notwendigkeit“.

An einem beim Auftakttreffen gefassten Plan, ein neuerliches Gutachten in Auftrag zu geben, wird weitergewerkelt: „Der Bedarf für ein Rechtsgutachten“ werde noch „abgestimmt“. Und: „Die konkreten Fragestellungen sind noch nicht abschließend geklärt.“ Sollte es dazu kommen, frühestens bei einem nächsten Treffen im Juni, würde sich ein „Ausschreibungsverfahren“ anschließen. Ergo: Eine Aussage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung eines Referentenentwurfs sei „derzeit nicht möglich“.

Demokratisches Problem

Schenker sagt dazu: „Der Senat ignoriert den Volksentscheid und versucht nicht einmal mehr, einen anderen Eindruck zu vermitteln.“ Er spricht von einem „demokratiepolitischen Skandal“. Eine „reine Nebelkerze“ ist das Rahmengesetz aus Sicht von DW Enteignen: „Dass selbst diese nur halbherzig geworfen wird, zeigt, wie herzlich egal CDU und SPD die existenziellen Sorgen der Berliner Mie­te­r*in­nen sind“, so die Initiative, die derzeit einen Gesetzes-Volksentscheid vorbereitet.

Schenker spricht von einer „verheerenden Bilanz“ nach einem Jahr schwarz-roter Wohnuungspolitik. Angesichts jüngster Zahlen zu weiter explodierenden Mietpreisen – laut Wohnmarktreport 2024 der Bank Berlin Hyp stiegen die Angebotsmieten im Vergleich zum Vorjahr um fast 19 Prozent – und vermehrt aufflammenden Protesten von Mie­te­r:in­nen gegen Vonovia oder die Adler Group etwa wegen Vernachlässigung der Häuser, brauche es die Vergesellschaftung der Immobilienkonzerne umso dringender.

Auf Schenkers Kritik stößt zudem dass der Senat stattdessen „teuer Wohnungen der Immobilienkonzerne“ kaufen wolle und damit deren Gewinne „stabilisiere“. Wie am Montag im Stadtentwicklungsausschuss von Senator Christian Gaebler (SPD) indirekt bestätigt wurde, laufen derzeit Verhandlungen der Howoge über den Ankauf von 5.000 Wohnungen der Vonovia in Lichtenberg, angeblich zu einem Preis von 700 Millionen Euro. Eine Entscheidung könnte bereits am Dienstag bei der Sitzung des Aufsichtsrates der Howoge fallen, die sich auf Anfrage der taz nicht äußern wollte. Laut Gaebler müssten die Unternehmen Einkäufe selbst „im Rahmen ihres Haushalts finanzieren“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Eins ist klar: wäre ich eine Wohnungsbaugesellschaft, ich wüsste um welche Stadt ich einen ganz großen Bogen machen würde.

    Wohnungen bauen in Berlin? Wieso? Volles Risiko, wenn die Rendite nicht stimmt, geh ich insolvent, Pech gehabt, wenn die Rendite stimmt, dann werde ich enteignet.

    Was wird also passieren: irgendjemand wird Wohnungen bauen müssen. Die Privatwirtschaft wird es nicht mehr machen.

  • So funktioniert reich bleiben...vor 20 Jahren Wohnungen billig kaufen, dann ordentlich Mieten kassieren und jetzt, die Ertragskontinuität ist durch den wahrscheinlichen Zwang zur energetischen Sanierung nicht mehr gegeben, lässt man sich enteignen...da kann man nur den Hut ziehen

    • @Altunddesillusioniert:

      vor 20 Jahren waren die Preise aber nicht billig oder haben sie von so vielen gehört, die damals Wohnungen oder Häuser gekauft haben?

      • @eicke81:

        In Berlin schon, habe damals erstaunt festgestellt, Eigentumswohnungen haben dort weniger gekostet als hier im Städtchen 50 km vor Frankfurt und weniger als die Hälfte von den Preisen in Frankfurt....Ich denke, die Mieten waren damals in Berlin noch billig, und deshalb hat niemand gekauft.



        ("So wurde 2004 die GSW mit einem Bestand von 65.000 Wohnungen an ein internationales Konsortium zum Preis von 405 Millionen Euro verkauft."(Wikipedia)...das sind 6.300 EUR pro wohnung....)

  • Das Volksbegehren ist nicht bindend weil kein Gesetzesvorschlag darin enthalten war.