: Damals tuckten wir im Fummel
Get in touch: Hamburg feiert zehn Tage lang das 25-jährige Jubiläum des Christopher Street Day in der Stadt – unter anderem mit der weltgrößten Massenumarmung
Vom 3. bis zum 12. Juni lädt Hamburgs schwul-lesbische Community zur großen Feier von Toleranz, Akzeptanz, Lebensfreude und Offenheit an die Elbe ein. 25 Jahre bereits wird der Christopher Street Day (CSD) als Demonstration für die Vielfalt von Lebensformen und für Gleichberechtigung in der Hansestadt begangen. Und auch das diesjährige Motto „Get in touch“ möchten die Veranstalter selbstredend als „Anregung und Einladung“ verstanden wissen, „über den eigenen Tellerrand zu blicken und aufeinander zuzugehen“. Lesben, Schwule, Transgender und Bisexuelle verstünden sich nicht als Randgruppe, sondern als Teil der Gesellschaft, formuliert der Verein Hamburg-Pride weiter: „Wir gehören zu Hamburg, und Hamburg gehört zu uns!“
Unter den politischen Forderungen, die in diesem Jahr im Zentrum des CSD stehen, finden sich die Gleichstellung der Lebenspartnerschaft mit der Ehe, die Zurücknahme von Kürzungen bei der AIDS-Prävention sowie die Verbesserung des schulischen Aufklärungsunterrichts. Auch fordert Hamburg-Pride, die Geschichte der Homosexuellenverfolgung in der Hansestadt aufzuarbeiten, die bislang „weitgehend verdrängt“ worden sei.
Heute und morgen bereits steigt auf dem Spielbudenplatz an der Reeperbahn der „St. Pauli Pride“. Am kommenden Wochenende, vom 10. bis zum 12. Juni, findet dann das große CSD-Straßenfest in der Langen Reihe nahe des Hauptbahnhofs statt. Auf der politischen Hamburg-Pride-Parade am Samstag, den 11. Juni, die um 12 in der Glacischaussee (U-Bahn St. Pauli) startet und in der Kirchenallee in St. Georg endet, wird gar ein Weltrekord angestrebt: Auf der Mönckebergstraße soll das weltgrößte „group hug“ stattfinden. Dabei sollen sich Paradeteilnehmer und Zaungäste „freundschaftlich umarmen“ und damit ein derart gewaltiges Zeichen des Miteinanders setzen, dass es ins Guinness-Buch der Rekorde eingeht. Derzeit ist dort noch die Aktion von 5.000 sich in den Armen liegenden kanadischen Studenten aus Ontario verzeichnet. Die „offizielle CSD-Party“ beginnt am 11. Juni um 22 Uhr als „special pride edition“ der Gay Factory in der Fabrik, Barnerstraße 36.
CSD-Schirmherr und St. Pauli-Präsident Corny Littmann erinnert sich „als Schwester des ersten Parädchens“ nicht ohne Rührung an die Hamburger CSD-Anfänge 1980. Damals „tuckten wir im Fummel und auf Rollschuhen als kleines, provokantes Häuflein durch die Mönckebergstraße und empörten uns über ‚Rosa Listen‘ beim Gartenbauamt und Spiegel in den Innenstadt-Klappen“. Heute hingegen habe man „immerhin einen schwulen Bürgermeister“.
Gleichwohl, so Littmann weiter, sei auch der schwule Alltag in Hamburg keineswegs nur rosig: „Im Gegenteil, wer es wagt, offen sein Schwulsein zu leben, erfährt auch in dieser Stadt noch viel zu oft, was männlicher Hetero-Wahn vermag – von der Beleidigung bis zur körperlichen Aggression“. Markus Jox
Weitere Infos und eine genaue Terminübersicht auf www.hamburg-pride.de
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