Andreas Speit
Der rechte Rand
: Wie ein Verschwörer vor Gericht landet

Die Generalstaatsanwalt Hamburg hat Anklage gegen einen Reichsbürger aus Bad Bramstedt erhoben. Er soll zu jenem Netzwerk gehören, das Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach entführen und einen politischen Umsturz herbeiführen wollte. Die Mitglieder der „Kaiserreichsgruppe“, auch bekannt als „Vereinte Patrioten“, haben „billigend in Kauf genommen“, dabei die Per­so­nen­schüt­ze­r:in­nen des SPD-Ministers zu töten, sagt Liddy Oechtering, Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg. Die Anklage gegen den 66-Jährigen, der seit 2022 zur „Kaiserreichsgruppe“ gehören soll, lautet auf Unterstützung einer terroristischen Vereinigung und Beihilfe zur Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens.

Ihm wird außerdem vorgeworfen, im Oktober 2023 einen scharfen Revolver mit zugehöriger Munition besessen zu haben. Daher durchsuchten Einsatzkräfte des Landeskriminalamtes bereits im November seine Wohnung und sein Wohnmobil. Beweise seien sichergestellt worden, der Mann wurde festgenommen. Nun folgt die Anklage.

Die Hauptverhandlung gegen fünf mutmaßliche Mitglieder der terroristischen Gruppierung läuft bereits vor dem Koblenzer Oberlandesgericht. Ihr Plan war laut Anklage, in den Wirren eines von ihnen selbst ausgelösten bundesweiten Stromausfalls, der Lauterbach-Entführung und der durch den Black-out verursachten bürgerkriegsähnlichen Zustände in Berlin eine „konstituierende Versammlung“ einzuberufen, um ein autoritär geprägtes Regierungssystem nach dem Vorbild der Verfassung des Deutschen Reiches von 1871 zu etablieren.

Spätestens im Januar 2022 soll sich die Gruppe zusammengeschlossen haben. Mitglieder sollen laut Staatsanwaltschaft auch geplant haben, mit einem Schiff in russische Hoheitsgewässer zu fahren, um Kontakt zum russischen Präsidenten Wladimir Putin aufzunehmen. Sie hofften demnach auf dessen militärische und politische Unterstützung bei der Gründung des neuen alten Reichs.

Der Beschuldigte aus Bad Bramstedt soll zunächst auf „Telegram“ Gruppen zum Thema Wiedereinführung der Reichsverfassung von 1871 betrieben haben. Nachdem er Anfang Februar 2022 von einem Mitglied der „Kaiserreichsgruppe“ kontaktiert und in deren Pläne eingeweiht worden war, soll er Mitglieder seiner Chat-Gruppen an die „Reichsgruppe“ herangeführt und an Treffen teilgenommen haben. Der Generalstaatsanwalt hält ihm vor, sich bereit erklärt haben, am Umsturz mitzuwirken.

Der 66-Jährige soll zum Netzwerk gehören, das einen politischen Umsturz wollte

Im Oktober 2023 waren Generalstaatsanwaltschaften bereits gegen die „Vereinten Pa­trioten“ vorgegangen. In Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Hessen, ­Bayern und Baden-Württemberg fanden Razzien statt. Durch die Ermittlungen gegen die „Vereinten Patrioten“ war die Polizei erst auf die „Gruppe Reuß“ gestoßen. Das Netzwerk um Heinrich XIII. Prinz Reuß wollte am „Tag X“ den Bundestag stürmen.