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Kommerzialisierung des RamadanAusverkauf statt Besinnung

Es ist nicht so, dass der Ramadan die Gesellschaft islamisiert. Es ist andersherum: Der Ramadan wird zunehmend kommerzialisiert – wie Weihnachten.

Führte zu hitzigen Debatten: Ramadan-Festbeleuchtung in der Fressgass in Frankfurt am 10. März 2024 Foto: dpa | Boris Roessler

R amadan Karim! Gesegneten Ramadan! Wie ihr wisst – oder wie ich hoffe, dass ihr wisst – hat am 11. März der muslimische Fastenmonat begonnen. Seit mehr als acht Jahren erlebe ich den Ramadan in Deutschland.

Er ist auf jeden Fall anders hier, als ich ihn in Syrien kannte. Es fängt damit an, dass ich jedes Mal, wenn ich einen Termin oder ein Treffen habe und sage, dass ich Ramadan mache und dass ich weder essen noch trinken darf, die gleichen Kommentare oder Fragen höre. Seit acht Jahren kommt: „Und auch kein Wasser!?“, „Oh, das kann ja nich’ gesund sein“, „Ach, das Bisschen sieht der Allah nicht“, oder so ähnlich.

Aber eigentlich möchte ich hier andere Gedanken zum Ramadan teilen, die mich schon mehrere Jahre beschäftigen. Seit vier oder fünf Jahren beobachte ich einen wachsenden Markt für Ramadan-Produkte, erst nur auf Instagram. Meine Frau zeigte mir dort eine Influencerin, die ein Ramadan-Tagebuch verkaufte. Dann entdeckte ich einen Ramadan-Kalender, der für Kinder verkauft wird und an Adventskalender angelehnt ist: Für jeden Fastentag gibt es eine Tür und dahinter stecken eine halal Süßigkeit und ein Koran-Zitat. Ich wollte dieses Jahr selbst so einen Kalender fürs Kohero-Magazin entwickeln, aber es sollte doch nicht sein.

In den vergangenen Wochen wurde on- und offline viel über die Ramadan-Festbeleuchtung in einer Einkaufsstraße in Frankfurt diskutiert. Die Bürgermeisterin lobte das Projekt als Symbol für Offenheit und Toleranz, von anderen kam viel Kritik, gerade von der rechten Seite, die befürchtet, dass die Gesellschaft islamisiert wird. Ich sage: Quatsch, es ist andersherum! Ramadan wird kommerzialisiert, oder auch kapitalisiert.

Multinationale Firmen entdecken Ramadan

Der Ramadan wird langsam wie Weihnachten, wo es hauptsächlich um Geschenke, Einkauf und Konsum geht. Für viele Geschäfte ist ab Oktober die Zeit für Angebote, damit die Leute mehr kaufen und sie mehr verdienen. Der Ramadan ist da nicht ganz so einfach einzuplanen, da sich sein Beginn und sein Ende jedes Jahr um ein paar Tage verschieben. Aber trotzdem: Auch viele multinationale Marken haben mittlerweile verstanden, dass sie mit Ramadan Geld verdienen können. Zum Beispiel eine Kosmetikfirma, die Duschgel mit Dattelgeruch verkaufte, oder Modemarken, von H&M bis Gucci, mit einer eigenen „Ramadan-Kollektion“ für Frauen.

Viele dieser Produkte kommen erst allmählich auf den deutschen Markt. Ich frage mich warum, denn in anderen Ländern wie Großbritannien läuft das Geschäft mit der Toleranz schon sehr gut. Aber selbst wenn sie kommen, weiß ich nicht, wie ich das finden soll.

Einerseits sehe ich die Vorteile, weil so mehr Nicht-Muslime in Deutschland verstehen, was Ramadan ist und vielleicht größeres Verständnis für ihre fastenden Freund*innen, Nach­ba­r*in­nen oder Kol­le­g*in­nen aufbauen. Genau wie die Lichter in Frankfurt machen sie auf Ramadan aufmerksam. Wir können dann alle zusammen das Fastenbrechen feiern und uns zum Zuckerfest (auf Arabisch „Eid“) gratulieren.

Andererseits wird der Ramadan kommerzialisiert und zu einem Geschäft gemacht, in dem es nur noch um Zubehör, Kleidung, Make-up, oder den schönsten Instagram-Post geht. Dabei geht es im Ramadan um die Besinnung auf das, was wirklich wichtig ist. Es wird an alle Menschen gedacht, denen es täglich an Essen und Trinken fehlt und es ist deine religiöse Pflicht, Essen und Geld an Ärmere zu spenden. Auch in Familien und Nachbarschaften wird Essen geteilt, es wird zusammen gebetet und es werden lange Abende miteinander verbracht. Ramadan steht für Zusammenhalt, für Zeit mit der Familie, für Solidarität und Geben. Können diese Werte zusammen mit der Kommerzialisierung (über)leben?

Mit dieser Frage wünsche ich allen Ramadan Karim. Besonders wünsche ich den Menschen in Gaza und Sudan, die während Krieg, Hunger oder Verfolgung fasten, einen gesegneten Monat.

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5 Kommentare

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  • Der Autor macht das seit 8 Jahren mit, die türkischen ehemaligen Gastarbeiter seit mehr als 60 Jahren. Immer wieder die selben Fragen von den selben Menschen: "Auch nichts trinken? Oh Gott, das ist doch Körperverletzung!" Insofern sind das ja auch keine Fragen sondern Aussagen: deine Religion ist mir fremd. Wenn Millionen Muslime im Land leben und die Mehrheitsgesellschaft wenig über die Bräuche der Muslime kennt, dann wird ein Ramadan - Kalender bei Penny nicht viel daran ändern. Allerdings, und das ist nicht zu unterschätzen, sehen viele Muslime solche Kommerzialisierung als Wahrgenommen werden und freuen sich.

  • "Dann entdeckte ich einen Ramadan-Kalender, der für Kinder verkauft wird und an Adventskalender angelehnt ist: Für jeden Fastentag gibt es eine Tür und dahinter stecken eine halal Süßigkeit und ein Koran-Zitat."

    Das habe ich neulich auch im Supermarkt entdeckt.

    Herr Wichern vom Rauhen Haus in Horn hätte sich wohl nicht denken lassen, dass seine Erfindung mal nicht nur über Hamburg hinaus, sondern dann auch noch von Katholiken und nun sogar von Muslimen übernommen werden würde. Aus Hamburg-Horn in die islamische Welt! Eigentlich auch interessant.

  • Werft alle euere Religionen in die Tonne der Geschichte und lest mal das deutsche Grundgesetz.



    Wer sich danach richtet braucht keine Religion mehr.



    Da steht alles drin, was für ein toletantes und friedliches Miteinander nötig ist und beachtet werden muss.



    Die beste "Religion" , die ich kenne!!!

    • @ Christoph:

      Das ist kompletter Quatsch.

      Das Grundgesetz regelt das Verhältnis des Staates zu den Menschen und nicht zwischen den Menschen.

  • Danke.



    Ich habe dieses Jahr erstmals Ramadan-Kalender bei dm entdeckt, dann auch allerlei Deko-Ramsch in den Läden. Und hatte nur das Gefühl, dass ein weiterer Konsum- und Vermarktungsanlass entdeckt wurde. Etwas Positives kann ich nicht entdecken, ich bin eher angewidert.



    Das zweite Argument, contra, des Autors, widerspricht dem ersten Punkt, dem möglichen Vorteil: Wie sollen die Nicht-Muslime denn verstehen, "was Ramadan wirklich ist", wenn es zum reinen oberflächlichen Konsumzweck vermarktet wird?