Protest von Landwirten gegen Ampel: Nun auch Freie Bauern gegen Galgen

Der Verband unterschreibt eine Distanzierung von drastischen Protestformen. Dafür brauchten die „Freien Bauern“ aber viele Wochen Bedenkzeit.

Puppe an die Galgen mit Plakat "Deutsche Bauer unter die Ampel" Hunderten Bauer mit Traktoren

Nach langer Bedenkzeit finden die „Freien Bauern“ ihren drastischen Protest nicht mehr so gut Foto: Florian Boillot

BERLIN taz | Nach öffentlichem Druck hat die Organisation „Freie Bauern“ doch noch eine Distanzierung von Protesten mit Galgen und vor Politiker-Privathäusern unterschrieben – über sechs Wochen später als fünf andere Agrarverbände. Die Freien Bauern Niedersachsen hätten die Gemeinsame Erklärung vom 4. Januar mit der Landesregierung in Hannover zum Streit über Agrardieselsubventionen, die den fraglichen Passus enthielt, „nachträglich unterzeichnet“, teilte die Gruppe am Dienstag auf ihrer Internetseite mit. Dort verlinkte sie auch das Dokument, das ebenfalls davor warnte, dass „radikale Gruppierungen“ die Bauernproteste vereinnahmen könnten.

Die Landesregierung sagte dennoch ein für Donnerstag geplantes Treffen mit den Freien Bauern und anderen Agrar­organisationen „aufgrund von Terminkollisionen“ ab. Das weitere Vorgehen mache man davon abhängig, ob die Freien Bauern die Erklärung auch umsetzten, schrieb eine Sprecherin des Agrarministeriums der taz.

Zuvor hatte es gedroht, die Organisation wieder auszuladen, wenn sie den Abschnitt nicht unterzeichnet. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte im Januar vor laufenden Kameras die Weigerung der Freien Bauern kritisiert. Die taz stellte der Organisation vergangene Woche Fragen dazu.

Die Freien Bauern sind zwar eine Splitterorganisation. Sie ist aber bei den jüngsten Bauernprotesten von Medien mehrmals zitiert worden. Die Gruppe hat im Gegensatz zu anderen Organisationen keine Berührungsängste zur AfD und tolerierte zum Beispiel eine rechtsextreme Parole auf einer ihrer De­mons­tra­tio­nen. Sie vertritt agrarpolitisch radikale Forderungen wie die „Rücknahme aller Dünge-, Pflanzenschutz- und Tierhaltungsregeln, die uns seit 2017 ideologisch bevormunden“.

Kritik von ökologisch orientierten Bauern

„Die Unterzeichnung im Januar war gescheitert, weil wir innerhalb der sehr kurzen Frist kein Einvernehmen über den Umfang der Distanzierung von unangemessenen Verhaltensweisen und Symbolen herstellen konnten“, sagte jetzt Fokko Schumann, Sprecher der Freien Bauern in Niedersachsen. Im Nachhinein habe sich aber herausgestellt, dass die von der Landesregierung vorgegebene Formulierung „praxistauglich“ war, um die Bauern­proteste fortzuführen.

„Es ist unglaubwürdig, dass die Freien Bauern diesen für Demokraten eigentlich selbstverständlichen Passus erst unterzeichnet haben, nachdem die Landesregierung Druck ausgeübt hat und die taz dazu recherchierte“, sagte Ottmar Ilch­mann, niedersächsischer Landesvorsitzender der ökologisch orientierten Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die zu den Erst­unter­zeich­nern gehört. „Die Freien Bauern testen aus, wie weit sie gehen können, und wenn es zu viel Kritik gibt, dann machen sie einen Rückzieher, um demnächst wieder damit zu kommen.“ Man müsse die Organisation an ihren Taten messen.

Bei einer Veranstaltung unter Beteiligung von „Freien Bauern“ im September mit radikalen Rechten wie Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen wurden Verschwörungsmythen propagiert. Bei einer unter anderem von den Freien Bauern organisierten Kundgebung in Hannover am 7. Februar hielt ein AfD-Politiker eine Rede. Die Partei wird vom Bundesverfassungsschutz als Verdachtsfall Rechtsextremismus geführt. Mehrere Landesverbände werden bereits als rechtsextrem eingestuft.

Auch sonst behandeln die Freien Bauern die AfD weitgehend so wie demokratische Parteien. In ihrem Rundbrief vom Sommer 2021 erklärten die Freien Bauern sogar, sie hätten ähnlich wie mit den Freien Wählern und der FDP bei einem Gespräch mit der AfD „eine große inhaltliche Schnittmenge“ feststellen können. Eine „intensivere Zusammenarbeit“ sei aber „bislang“ wegen menschenverachtender Positionen „in Teilen der AfD“ nicht möglich.

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