Politischer Aschermittwoch der CDU: Friedrich Merz, leicht gemäßigt
Beim Politischen Aschermittwoch wird oft kräftig zugelangt. In Apolda aber spricht der CDU-Chef mit angezogener Handbremse – und warnt vor der AfD.
Doch wer jetzt – wie beim Politischen Aschermittwoch üblich – Auftritte voller Polemik, mit mancher Zote und viel Witz erwartet, wird enttäuscht. Der Politische Aschermittwoch der CDU im Thüringer Apolda ist ein Abend mit angezogener Handbremse. Und Humor? Auf den wartet man vergeblich.
Das mag daran liegen, dass Friedrich Merz vor vier Jahren noch um den Parteivorsitz kämpfte und manche Christdemokrat*innen in Ostdeutschland ihn für den Retter ihrer geschundenen CDU-Seele hielten – und das Ganze heute nüchterner sehen. Dass Mike Mohring, damals noch Landeschef der Thüringer CDU, ein schmissigerer Redner ist als sein Nachfolger Mario Voigt.
Aber die Zeiten waren eben auch andere: Im Bund regierte noch die Große Koalition unter CDU-Kanzlerin Angela Merkel, der Angriff Russlands auf die gesamte Ukraine war noch weit weg und die CDU lag mit der AfD in Thüringen noch etwa gleichauf, allerdings weit hinter der Linkspartei mit Bodo Ramelow an der Spitze – auch wenn gerade der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit Stimmen von AfD und CDU zum Ministerpräsidenten gewählt worden war, was in Thüringen eine Regierungskrise auslöste.
Kurswechsel im Umgang mit der AfD
Jetzt steht hier im September eine Landtagswahl an und in den Umfragen liegt die AfD mit deutlichem Abstand vorn, trotz oder gerade wegen ihres Frontmanns Björn Höcke, der vom Verfassungsschutz im Land als erwiesen rechtsextrem eingestuft wurde.
Natürlich kommt auch der aktuelle Abend nicht ohne Kritik an der Ampel, Polemik gegen die Grünen, ohne Attacken gegen das Gendern, vermeintliche Essensvorschriften und das Bürgergeld aus. „Den größten Fachkräftemangel haben wir auf der deutschen Regierungsbank“, etwa ruft Merz in den Saal. Dann ätzt er, dass das Bürgergeld „subventionierte Arbeitslosigkeit“ sei und viele Einwanderer „gar nicht wollen, dass sie integriert werden“. Doch insgesamt überwiegt beim CDU-Chef diesmal ein etwas zurückhaltender, manchmal fast beschwörender Ton.
Deutlich warnt er vor einem Wahlsieg der AfD. „Es wäre eine Schande für Thüringen, aber es wäre vor allem eine Schande für Deutschland.“ Die AfD stehe nicht nur für wirtschaftlichen, sondern auch für moralischen Niedergang. Die CDU, so Merz weiter, werde es nicht zulassen, dass „Nationalismus, Antisemitismus und Chauvinismus in diesem Land wieder salonfähig werden.“
Er betonte, seine Partei habe über den Jahreswechsel ihre Strategie im Umgang mit der AfD korrigiert: „Bis dahin waren viele von uns der Meinung, dass mit Ignorieren und Kleinreden irgendwann das Problem wieder verschwunden ist.“ Zudem warnt Merz, auch ganz direkt sein Publikum im Saal, vor einer Denkzettelwahl: „Diese Wahl wird ziemlich endgültig sein und dann ist für fünf Jahre das Schicksal für dieses Bundesland entschieden.“
Merz schwört auf einen Zweikampf
Wie schon Landeschef und CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt, der vor ihm eine Wahlkampfrede gehalten hat, wie sie in den kommenden Monaten wohl häufiger zu hören sein wird, schwört Merz sein Publikum auf einen Zweikampf ein: zwischen AfD-Mann Höcke und eben Voigt. „Wir werden alles tun, dass Mario Voigt auf Platz eins liegt“, ruft Merz in den Saal. Die CDU will Bodo Ramelow von der Linkspartei auf eine Nebenrolle reduzieren – dabei ist der immerhin Ministerpräsident. Doch sein Name fällt an diesem Abend nicht.
Das Ziel dahinter: Wer Höcke verhindern will, muss Voigt wählen. So will die CDU all jene hinter sich versammeln, die die Demokratie verteidigen – und die AfD auf Platz eins verhindern wollen. In den Umfragen hat sich die CDU inzwischen vor die Linke geschoben, was allerdings weniger an den Christdemokrat*innen als am Bündnis Sahra Wagenknecht liegen könnte, das der Linken Wähler*innen abspenstig macht.
Der Applaus für Merz ist freundlich, frenetisch wie noch vor vier Jahren ist er nicht. Einmal kommen sogar zaghafte Buhrufe auf: Als der CDU-Chef nach der nächsten Bundestagswahl eine Koalition mit den Grünen nicht ausschließt. Dafür, das scheinen hier viele zu denken, habe man ihn doch ganz sicher nicht zum Parteichef gemacht.
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