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Iranischer Spielfilm „My Favourite Cake“Ein letzter Biss vom Kuchen

In „My Favourite Cake“ begibt sich eine Seniorin auf Partnersuche. Das iranische Regime ließ die Filmemacher nicht zur Berlinale reisen (Wettbewerb).

Me­li­ka Pazouki und Lily Farhadpour im Spielfim „My ­Favourite Cake“ über eine emanzipierte Seniorin im Iran Foto: Mohammad Haddadi

Ob sich richtige Männer dadurch auszeichnen, dass sie im Haushalt helfen, oder ob eine dichte Behaarung auf Armen und Brust wichtiger ist, darüber sind sich Mahin und ihre Freundinnen uneins. Mit ihren 70 Jahren sind die Frauen dem date game schon eine Weile entwachsen. Auch war die Welt, die sie kannten, war der Iran, in dem sie jung waren, anders. Mahin verlor ihren Mann früh, zog ihre Tochter in Teheran alleine groß.

Mittlerweile lebt die erwachsene Tochter im fernen Europa. Besuchen kann sie Mahin, die in „My Favourite Cake“ von Lily Farhadpour gespielt wird, nicht. Die Chance auf ein Visum, sagt sie, sei in ihrem Alter gering. Schon etwas schwerfällig bewegt sich die ehemalige Krankenschwester durch eine Welt, die ihr nicht passt. Selbst das Schwimmen musste die Langschläferin aufgeben, da die Damenschwimmbäder nur morgens geöffnet haben. Ihren Unmut über die Lage im Iran verschweigt Mahin nicht. Einem Taxifahrer erzählt sie einmal von den Partynächten ihrer Jugend, von hohen Absätzen und tiefen Ausschnitten, die man trug. Und jetzt? „Hidschab und Sneaker.“

Vorführungen

17. 2., 18 Uhr, Verti Music Hall, und 21.45 Uhr, Haus der Berliner Festspiele.

18. 2., 12.30 Uhr, Zoo Palast 1.

25. 2., 19 Uhr, Berlinale Palast

In einem Land, in dem sich die Freiheiten in der eigenen Wohnung von denen auf der Straße auf gefährliche Weise unterscheiden, scheint das Taxi eine Sonderrolle einzunehmen. 2015 wurde etwa Jafar Panahi für „Taxi Teheran“ mit dem Goldenen Bären der Berlinale ausgezeichnet. Der Filmemacher unterliegt eigentlich seit 2010 einem Berufsverbot. Auch der 2016 verstorbene Abbas Kiarostami, der ohnehin eine besondere filmische Beziehung zum Auto pflegte, zeigte in „Ten“ (gemeinsam mit Mania Akbari) die Möglichkeiten des Taxis auf: als Begegnungsraum, in dem sich die Blicke im Rückspiegel unverfänglich kreuzen können.

Die Sittenpolizei ist auch in Parks präsent

Dass öffentliche Orte als Treffpunkte nicht taugen, wird auch in „My Favourite Cake“ schnell ersichtlich. Die Sittenpolizei ist auch in Parks präsent, nimmt junge Frauen fest, die ihr Kopftuch angeblich zu nachlässig binden. Eine der Frauen kann Mahin zwar vor der Verhaftung bewahren – allerdings nur, weil der Wagen ohnehin voll ist. Auch Mahin drohen die schwarz gekleideten Wächter, einschüchtern lässt sie sich jedoch nicht.

Dabei hat die resolute Rentnerin Verbotenes vor. Eines Tages wählt sie den ebenfalls 70-jährigen Faramarz (Esmail Mehrabi) dazu aus, ihre Einsamkeit zu beenden. Faramarz – ein Taxifahrer – fährt Mahin nach Hause und bleibt dann gleich da. Wie sich die beiden Einsamen in der Folge umtanzen und kennenlernen, ist streckenweise arg übersüßt. Doch letztlich nehmen die zwei Senioren die Nacht bloß als das, was sie ist: als eine der wenigen, die ihnen noch bleiben.

„My Favourite Cake“ ist nach „Ballad of a White Cow“ (2021) der zweite Film der iranischen Filmemacher Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha, der auf der Berlinale Pre­miere feiert. Für beide verhängte das Mullah­regime diesmal ein Reiseverbot nach Berlin. In einem Statement, das die Schauspielerin Farhadpour an ihrer statt am Freitag verlas, widmeten die Regisseure den Film den protestierenden Frauen im Iran. Eines Tages, so hoffen sie, wird „My Favourite Cake“ auch in iranischen Kinos über die Leinwände laufen.

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1 Kommentar

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  • Der Regisseur Andreas Dresen sagt auf der Pressekonferenz :„Wir müssen aufpassen, dass die Berlinale als politisches Festival nicht zu einem Festival der Politik wird.“



    Wenn ich mir aber die Filme ansehe, geht es genau darum, um Politik.