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Politische Krise in NordirlandRegierung rauft sich zusammen

In Nordirland hebt die Democratic Unionist Party ihren wegen Zollregeln begonnenen Regierungsboykott auf. Doch noch ist nicht alles sicher.

Will einen Deal: DUP-Vorsitzender Jeffrey Donaldson bei einer Pressekonferenz am 30.1

Dublin taz | Nordirland hat wieder eine Regierung. Vielleicht. Die Democratic Unionist Party (DUP), die das Regionalparlament und die Regierung seit fast genau zwei Jahren boykottierte, hat am Ende einer Nachtsitzung der rund 130 Vorstandsmitglieder am Dienstagmorgen angekündigt, ihren Boykott aufzugeben.

Voraussetzung dafür sei, dass die von der britischen Regierung gemachten Zusagen umgesetzt würden, sagte DUP-Parteichef Jeffrey Donaldson. Details über diese Zusagen sollen in den nächsten Tagen bekanntgegeben werden. Die Frist für eine Regierungsbildung war am vorvergangenen Donnerstag abgelaufen. Der britische Nordirland-Minister Chris Heaton-Harris hatte die Frist aber wiederholt verlängert, diesmal bis zum 8. Februar. Falls es bis dahin keine Regierung geben sollte, drohte er mit Neuwahlen.

Bei den Wahlen im Mai vorigen Jahres ist die katholisch-republikanische Partei Sinn Féin, der ehemalige politische Flügel der inzwischen aufgelösten Irisch-Republikanischen Armee (IRA), erstmals stärkste Kraft geworden. Deshalb steht ihr das Amt des „First Minister“ zu, die DUP stellt den Vize-Regierungschef.

Obwohl der völlig gleichberechtigt ist, sehen es viele Parteimitglieder als Demütigung, hinter Sinn Féin die zweite Geige zu spielen, zumal Donaldson in der Vergangenheit betont hatte, dass die Union mit Großbritannien sicher sei, solange die DUP den Ersten Minister stellte.

Hardliner in der Partei werfen Donaldson „Verrat“ vor, weil er den Boykott aufgeben wolle. Die DUP ist im Februar 2022 aus der Regierung ausgetreten, weil sie mit dem sogenannten Windsor-Rahmenplan nicht einverstanden ist. Darin ist festgelegt, dass Nordirland im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion bleibt, um eine physische Grenze zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland zu vermeiden. Dadurch werde Nordirland anders behandelt als der Rest des Vereinigten Königreichs, moniert die DUP, die ein Ende sämtlicher Warenkontrollen zwischen Nordirland und Großbritannien fordert.

Durch ihren Boykott brachte die DUP die Regierung zu Fall, denn die besteht laut Belfaster Abkommen von 1998 zwingend aus einer Koalition der beiden stärksten Parteien auf protestantisch-unionistischer und katholisch-republikanischer Seite. Bis zum Ablauf der Frist am 8. Februar soll die Regierung nun arbeitsfähig sein. Dann wird das Finanzpaket für Nordirland in Höhe von 3,3 Milliarden Pfund freigegeben, das London als Köder für die Regierungsbildung in Aussicht gestellt hat.

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1 Kommentar

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    06438 (Profil gelöscht)

    Brexit lässt grüßen - nicht nur das in UK in diesem Jahr gewählt wird und aller Vorraussicht nach die Tory - Brexitpartei haushoch verlieren wird brökelt es zunehmend an den Grenzen des nicht mehr so sehr Vereinigten Königreichs,

    2024 werden die Tories Ihren Brexit mit dem Verlust Ihrer Macht teuer bezahlen - aber damit nicht genug, Sinn Féin hat passend zum Einknicken der DUP Stormont (Regierung in Nordirland) nach 2 Jahren Blockade nicht mehr zu blockieren, ein geeintes Irland argumentativ „in greifbare Nähe“ gerückt , während sich Sinn Fein vorbereitet den Posten des ersten Ministers Nordirlands zu stellen.

    Die DUP-Befürwortung hängt von zwei Rechtsinstrumenten aus Westminster ab:



    Die Verpflichtungen von Sunak und seiner Regierung in Bezug auf Handel und Souveränität Nordirland gesetzgeberisch Vereinfachungen im Warenverkehr (zwischen NI & UK) zu garantieren Das Gesetz wird am Donnerstag in Westminster verabschiedet werden.

    Zwickmühle für Brexiteers in NI & UK: Gefällt der DUP dieses Gesetz nicht und wird sie Stormont weiter blockieren führt das unmittelbar zu Neuwahlen - wodurch die DUP weiter an Stimmen verlieren wird. Bleibt die DUP bei Ihrer Haltung, Stormont nicht weiter blockieren zu wollen wird O’Neill (Sinn Fein) zum ersten Mal erste Ministerin Nordirlands.

    Das Sinn Fein zum ersten Mal öffentlich von der Widervereinigung Irlands spricht ist ein weiteres Indiz für ihre weiter zunehmende politische Stärke.