Sondervermögen Klimaschutz: Düstere Aussichten für Klimaträume
Demnächst dürfte geklärt sein, ob das vom Senat geplante Klima-Sondervermögen in der Form überhaupt möglich ist. Die Zweifel daran sind groß.
Richtig klar geworden sei ihr das nach der Anhörung eines Experten aus der Senatsfinanzverwaltung bei der jüngsten Sitzung des Berliner Klimaschutzrates, deren Mitglied Keilhacker ist.
Der noch vom rot-rot-grünen Vorvorgängersenat ins Leben gerufene Rat soll die Landesregierung und das Abgeordnetenhaus in Klima- und Energiefragen beraten. Allein, bei den Verhandlungen über das Errichtungsgesetz für das 5 bis 10 Milliarden Euro schwere Klima-Sondervermögen blieb das 18-köpfige Gremium außen vor. Der formal bei Umweltsenatorin Manja Schreiner (CDU) angedockte Rat protestierte. Mit Erfolg.
Nachträglich wurden die Expert:innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft nun doch noch miteinbezogen. Die Senatsverwaltung für Finanzen informierte den Rat bei besagter Sitzung Ende Januar über den im Sommer 2023 beschlossenen Gesetzentwurf. Keilhackers Fazit danach: „Das vorgelegte Gesetz würde vor Gerichten keinen Bestand haben.“
Rechtssichere Begründung gesucht
Klimaschutzrat-Mitglied Reiner Wild konkretisiert, dass der Mitarbeiter von Finanzsenator Stefan Evers (CDU) eigentlich versucht habe, möglichst wenig preiszugeben. Ihm sei es darum gegangen, „Optimismus zu verbreiten mit dem Ziel, ein solches Sondervermögen doch noch zu ermöglichen“, so der Eindruck des ehemaligen Geschäftsführers des Berliner Mietervereins.
Wirklich gefruchtet hätten die Ausführungen beim Klimaschutzrat nicht. „Unsere Interpretation war düster“, sagt Wild zur taz. Zumal Evers’ Mitarbeiter eben auch deutlich gemacht habe, dass es „sehr schwer“ sei, die geplante Kreditaufnahme noch rechtssicher zu begründen.
Nicht nur im Klimaschutzrat, auch in der schwarz-roten Koalition schaut man deshalb umso gespannter auf den 22. Februar, wenn eine vom Senat beauftragte Anwaltskanzlei ihr Gutachten zum Errichtungsgesetz vorlegt. Mit dem Rechtsgutachten soll geklärt werden, inwieweit das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu einem anderen Sondervermögen auch die Berliner Pläne betrifft.
Zur Erinnerung: Mitte November hatten die Richter:innen in Karlsruhe die Finanzierung des Klima- und Transformationsfonds auf Bundesebene mit Blick auf die Schuldenbremse für verfassungswidrig erklärt. „Das Urteil kann nicht auf die Regelungen im Land Berlin übertragen werden“, hieß es danach aus der Senatsfinanzverwaltung. Mittlerweile sieht man die Sache offenbar nicht mehr ganz so locker.
Keine Notsituation im Sinne der Schuldenbremse
Das Hauptproblem aus juristischer Sicht: Der Entwurf des Errichtungsgesetzes beruft sich zuvorderst auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, der seit 2022 zu einer massiven Verteuerung der Energiepreise in Europa geführt hatte. Unterstrichen wird in dem Zusammenhang auch die „dringende Notwendigkeit“, die „energiepolitische Abhängigkeit Berlins insbesondere von fossilen Energieträgern zu reduzieren“.
Beides zusammen ergibt die „Notsituation“, mit der die Kreditaufnahme begründet wird. Dass die „Anstrengungen intensiviert werden“ müssen, „die Resilienz des Landes Berlin gegenüber negativen Konsequenzen des Klimawandels zu stärken“, folgt erst in einem weiteren Begründungsschritt.
Das alles sei zu allgemein gehalten, monierte im Herbst bereits der Landesrechnungshof. Aus seiner Sicht stellten weder der Klimawandel noch die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen „eine außergewöhnliche Notsituation im Sinne der Schuldenbremse“ dar. Denn unter einer Notlage sei laut Schuldenbremse eine aktuelle Krise zu verstehen, nicht lange absehbare Krisen.
Oder wie es Architektenkammer-Präsidentin Theresa Keilhacker formuliert: „Hier wird der Klimaschutz als Daueraufgabe zum Sonderfall erklärt. Damit macht man es sich zu einfach.“
Fehlende Investitionssicherheit für Klimaschutzprojekte
Reiner Wild sieht das ähnlich. Er sagt, er sei gespannt auf die Begründung. Auch weil es zunächst „kaum möglich“ scheine, die Aufgabe des Klimaschutzes mit dem vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Prinzip der „Jährigkeit“ in Einklang zu bringen. Die festgelegten Mittel und Projekte sind demnach nur für das ausgeschriebene Haushaltsjahr gültig. Eine Investitionssicherheit für Klimaschutzprojekte ist damit faktisch nicht mehr gegeben, bestätigen auch andere Expert:innen aus dem Umweltbereich.
In der Verwaltung von CDU-Umweltsenatorin Manja Schreiner will man den Pessimismus im Klimaschutzrat nicht kommentieren – und auch nicht teilen. „Wir wissen doch nicht, wie das Gutachten ausfällt aber wir gehen vom Positiven aus“, sagt Schreiners Sprecherin Britta Elm zur taz. Einen Plan B für den Fall eines negativen Urteils gibt es aber anscheinend auch noch nicht.
Klar sei aber allen, dass die Gelder aus dem geplanten Sondervermögen dringend gebraucht werden. Man müsse dann, so Elm, „mehr Fantasie an den Tag legen, wie das Gesetz rechtssicher gestaltet werden kann“. Anders formuliert: Der Entwurf geht dann wohl oder übel noch einmal in eine weitere, längere Bearbeitungsschleife.
Aus der Finanzverwaltung heißt es auf Nachfrage, wie sich das Haus darauf vorbereitet, sollte das Rechtsgutachten in anderthalb Wochen nach hinten losgehen, nur kurz und knapp: „Das Erwägen von Alternativen ist Bestandteil vorausschauenden Verwaltungshandelns.“ Böse Zungen werden behaupten, dass das angesichts der bisherigen Arbeit des schwarz-roten Senats ein durchaus gewagter Satz ist.
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