Weitere Exekution: Demonstrant in Iran hingerichtet

In Iran ist ein 24-Jähriger hingerichtet worden. Es ist die neunte Exekution, die in direktem Zusammenhang mit der jüngsten Protestbewegung steht.

Fünf Menschen protestieren mit Porträts der Hingerichteten im Iran und einem großen Transparent auf dem "Shame" steht

Unbeeindruckt von Protesten wie hier in Berlin, wurde Mohammad Ghobadlou im Iran am 23. Januar hingerichtet Foto: Daniela Sepheri

BERLIN taz | Erneut ist in Iran ein Protestierender der sogenannten „Frau, Leben, Freiheit“-Bewegung hingerichtet worden. Die Exekution des 24-jährigen Mohammad Ghobadlou wurde im Ghezel-Hezar-Gefängnis in der Stadt Karadsch vollstreckt. Ghobadlou war im Zuge der Proteste im Herbst 2022 inhaftiert worden. Die Anschuldigung, er habe einen Sicherheitsbeamten bei einem Autounfall getötet, konnten bis heute nicht unabhängig überprüft werden.

Die iranischen Behörden legten keine Beweise vor. Stattdessen wurde im iranischen Staatsfernsehen ein vermeintliches Geständnis ausgestrahlt, das Menschenrechtsorganisationen zufolge unter schwerer Folter erzwungen wurde. Ghobadlous Anwalt Amir Raesian wurde vom Gericht nicht zugelassen, die Einsicht in die Akte wurde ihm verweigert.

Wegen „Kriegs gegen Gott“ wurde Ghobadlou schließlich vom berüchtigten Richter Salavati zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde zunächst im Dezember 2022 vom Obersten Gerichtshof bestätigt, was große Proteste vor dem Gefängnis auslöste.

Im Juli 2023 wurde der Antrag auf Überprüfung des Urteils vom Gericht angenommen und das Urteil somit vorerst aufgehoben, nachdem mehrere Mediziner in Iran die Notwendigkeit einer gründlicheren Neubetrachtung seines Falls bestätigt hatten. Ghobadlou hatte eine bipolare Störung. Laut seiner Mutter wurden ihm die Medikamente in Haft verweigert.

Am vergangenen Montag teilte Ghobadlous Anwalt mit, die Hinrichtung solle am nächsten Morgen vollstreckt werden, was selbst nach iranischem Recht illegal sei, da das Urteil aufgehoben worden war. In sozialen Netzwerken wurden Videos von Angehörigen Ghobadlous vor dem Gefängnis verbreitet; in einem Video bitten seine Eltern um das Leben ihres Sohnes.

Kritik aus Deutschland

In Deutschland hatte sich die Linken-Bundestagsabgeordnete Clara Bünger für Ghobadlou eingesetzt. Die Hinrichtung mache sie „unendlich traurig“, teilte sie mit. Bünger fordert: „Die Bundesregierung und die EU müssen dafür sorgen, dass Richter (wie Salavati, Anm d. Red.) niemals einen sicheren Ort in der EU finden.“

„Die iranische Führung setzt Hinrichtungen weiterhin als Einschüchterung gegen die Protestbewegung im Iran ein“, kritisiert Lena Rohrbach, Iran-Expertin bei Amnesty International in Deutschland. Sie fordert: „Die internationale Gemeinschaft sowie die Bundesregierung müssen sich verstärkt dafür einsetzen, dass die Todesstrafe im Iran abgeschafft und die Praxis der Scheinprozesse beendet wird.“

Ghobadlou ist die neunte Person, die in direktem Zusammenhang mit den „Frau, Leben, Freiheit“-Protesten in Iran hingerichtet worden ist. Menschenrechtsorganisationen warnen vor der bevorstehenden Hinrichtung zwei weiterer Personen: Mojahed Kourkour und Reza Rasaei.

Zusammen mit Ghobadlou wurde auch der kurdisch-sunnitische politische Gefangene Farhad Salimi nach 14 Jahren in Haft hingerichtet. Drei weitere Kurden, die im selben Verfahren zum Tode verurteilt worden waren, sind bereits hingerichtet worden. 2023 verzeichnete die Organisation Hengaw insgesamt 823 Hinrichtungen.

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