Erneut Abschiebungen nach Iran: Ein systemimmanentes Problem

Das Ende des Bleiberechts für Ira­ne­r:in­nen ist nicht allein rechter Hetze zuzuschreiben. Vielmehr sind Verteilungsfragen im Kapitalismus das Problem.

Eine Person zwischen antiken Säulen

In Berlin lebende Exiliraner: Wem mit „beachtlicher Wahrscheinlichkeit“ eine Verfolgung droht, darf bleiben Foto: Christoph Soeder/dpa

Wünsche für das neue Jahr? Für viele geflüchtete Menschen dürfte ein unbefristeter Aufenthaltstitel wohl ganz oben auf der Liste stehen. Für schutzsuchende Ira­ne­r*in­nen lief ein bundesweites, zeitlich befristetes Bleiberecht zum neuen Jahr jedoch zunächst aus.

Der Grund für das Ende ist nicht etwa eine verbesserte menschenrechtliche Lage in Iran. Weiterhin ist sie geprägt von Willkür und massiver Repression – besonders gegen Frauen, gesellschaftliche Minderheiten und Oppositionelle.

Manche denken, dass Deutschland dennoch wieder nach Iran abschieben will, ist ein Verdienst derer, die scheinbar unstillbar nach Abschiebungen lechzen. Rechts­ex­tre­mis­t*in­nen sind aber nur die Steigbügelhalter für eine unsoziale Klassenpolitik von oben. Mit ihren migrationsfeindlichen Hasstiraden legitimieren sie nur die immer härter werdende deutsche Linie in der Asylpolitik. Diese ist jedoch vielmehr getrieben von einem Verteilungsproblem. Deutschlands Mittel sind knapp.

Deutschland will weder Unternehmen noch hohe Erbschaften, geschweige denn große Vermögen (stärker) besteuern. Deshalb muss Deutschland sparen. Also spart Deutschland auch in der Versorgung geflüchteter Menschen. Das bedeutet auch, dass weniger Menschen zugestanden wird, langfristig zu bleiben. Die Messlatte dafür, wer einen Schutzstatus erhält, wird entsprechend erhöht. Aktuell gilt: nur wem mit „beachtlicher Wahrscheinlichkeit“ eine Verfolgung in Iran droht, darf bleiben.

Ein politischer Offenbarungseid

Damit scheint jedoch ein Limit erreicht zu sein: Wenn auch abgeschoben wird, wem mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung droht, verliert die deutsche Asylpolitik ihr letztes bisschen menschliches Antlitz.

Ob es so weit kommt, ist eine Systemfrage. Im Kapitalismus wird sie zuungunsten schutzsuchender Menschen beantwortet. Der auslaufende Abschiebungsstopp nach Iran ist ein politischer Offenbarungseid: es gibt auf lange Sicht keine Menschenwürde im Kapitalismus.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1989. Schreibt seit 2022 für die taz, besonders gerne über soziale Bewegungen und zu Gerechtigkeitsfragen. Studiert einen Mix aus Ökologie, Ressourcenökonomie, Politikwissenschaften und Kritischer Theorie in Berlin.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.