Neues im Berliner Fernsehturm: Ein ganz normaler Arbeitsplatz

Im Restaurant des Berliner Fernsehturms auf 207 Metern Höhe dreht sich nun alles um regionale Küche. Eine Turmbesteigung zum Jahreswechsel.

Ders stilisierte Berliner Fernsehturm als Illustration, die Kugel oben toutiert sichtbar

Beim Orts­termin hat der Autor Königsberger Klopse im Fernsehturm-Restaurant gegessen, das sich dreht und dreht und dreht Illustration: Jeong Hwa Min

BERLIN Hier rücken Menschen aus aller Welt zusammen, man hört Tschechisch und Spanisch und natürlich Englisch. „It’s amazing!“, ruft ein Mann aus. Und ein kleiner Junge fragt seine Oma: „Sind wir in einem Raumschiff?“ Tja, so ähnlich könnte man das tatsächlich nennen: Wir stehen in einem Fahrstuhl, in einer engen Kabine für bis zu 15 Leute. Und es geht steil nach oben; sechs Meter pro Sekunde – 203 Meter hoch, in nur 40 Sekunden.

Der Lift, einer von zwei Fahrstühlen hier, hat eine gläserne Decke. Man blickt in den beleuchteten Fahrstuhlschacht hinein. Es geht alles so schnell und leise – doch, doch, da hat das Kind schon recht, so ähnlich muss wohl beamen sein.

Oben angekommen steht man mittendrin in dem Raumschiff – äh: der riesigen Fernsehturm-Kugel, die ja doch fast so wie ein kugelrundes UFO über dem Alexanderplatz mitten in Berlins Mitte zu schweben scheint. Die Kugel hat einen Durchmesser von 32 Meter.

Der Berliner Fernsehturm ist mit seinem 368 Metern das höchste Bauwerk Deutschlands und immerhin der fünfthöchste Fernsehturm Europas. Die DDR hat ihn gebaut, quasi als Zeichen des dem Kapitalismus überlegenen Sozialismus (das Ende der Geschichte ist bekannt). Dabei kam der Edelstahl für die Kugel aus Westdeutschland.

Unter Denkmalschutz

Aber weil das Ganze schon seit 1979 unter Denkmalschutz steht, also seit DDR-Zeiten, und dieser nach der Wiedervereinigung fortbestand, wurde der Turm nicht geschleift (man stelle sich das vor!) wie der Palast der Republik und andere Gebäude aus den Tagen des real existierenden Sozialismus.

Zwischen 1965 und 1969 erbaut, wurde der Turm am 3. Oktober 1969 – zum 20-jährigen Gründungsjubiläum der DDR – eröffnet. Denkmalschutz sei Dank, lässt sich mehr oder minder das Ambiente von damals bestaunen, auch wenn es einen letzten Umbau in den 1990er Jahre gegeben hat. Anfang 2012 erfolgte eine vollständige Modernisierung aller Publikumsbereiche. Und seit zwei Jahren laufen peu à peu sanfte Umbaumaßnahmen.

Denkmal- und auch der hier so wichtige Brandschutz setzen dabei enge Grenzen.Der Shopbereich im Entrée des Turms ist schon neu gestaltet worden. Und die Souvenirs werden nun zum Teil regional hergestellt in einer Berliner Werkstatt für Menschen mit Behinderungen. Neu ist auch die App mit vielen Bildern und Informationen rund um den Fernsehturm; sie ist leicht über QR-Codes erreichbar, die überall zu sehen sind.

Oben aus dem Lift steigend, gibt es im kugelförmigen Turmkopf zwei Optionen. Man steigt auf der Aussichtsplattform aus, die liegt samt Bar auf 203 Metern – und genießt die kolossale Aussicht. Die Bar wird derzeit umgebaut und ist bis in den Januar hinein hinter Abdeckungen verschwunden. Eine Treppe höher lädt das Restaurant Sphere ein – 207 Meter schwebt man hier über der Erde.

Alles dreht sich, alles bewegt sich

Die hölzernen Treppenstufen schwingen leicht nach, oben angelangt könnte es sensiblen Seelen etwas schwindlig werden. Während der Blick nach draußen ins Freie, in den Himmel über Berlin geht, sozusagen ins Bodenlose – dreht sich der Boden.

Es handelt sich um ein Drehrestaurant; es bietet Platz für bis zu 200 Gäste. Die Tische haben Nummern, sie stehen an den Tischlampen. Es gibt Zweiertische und kleine Tafeln für mehrerer Menschen. Eine sechsköpfige Spanisch sprechende Familie mit kleinen Kindern hat gerade Platz genommen. Man sitzt auf bequemen freischwingenden Stühlen in Weinrot. Und während sich der Boden dreht, zieht draußen Berlin vorbei. In einer Stunde hat man die ganze Hauptstadt gesehen.

Im Restaurant wartet Küchenchef Andries Dijks für ein Gespräch an Tisch 21. Der gebürtige Niederländer war „immer viel auf Reisen“, erzählt er der taz in luftiger Höhe, und hat in verschiedenen Städten in aller Welt und Deutschland gearbeitet. Seit 2011 ist er für die Küche im Fernsehturm zuständig. Die ist übrigens oben in der Kugel so eng, wie man sich das vorstellt, nur 10 Quadratmeter groß, aber hochfunktional ausgestattet.

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Die einzelnen Zutaten für die Gerichte werden „unten in der Vorbereitungsküche“, also ebenerdig, geschnippelt, blanchiert, portioniert und vakuumverpakt per Lift nach oben transportiert, wo sie in der Kühlung landen. „Hier oben werden die Gerichte vollendet“, sagt Andries Dijks.

Ein ganz normaler Arbeitsplatz

Apropos „hier oben“: Wie ist es denn, so hoch über der Erde zu arbeiten? „Ach“, zuckt da Dijks nur die Schultern, „mit der Zeit gewöhnt man sich daran und dann ist es ganz normaler Arbeitsplatz.“

Die Speisekarte wurde jüngst überarbeitet, im Restaurant setzt man nun auf regionale Zutaten. Zuvor gab es interna­tio­nale Küche, also eher auswechselbar, jetzt will man andere Akzente setzen. „Die Basis sind vegane Menüs“, erzählt der Küchenchef, „aber natürlich kann man immer noch Fleisch oder Fisch dazu bestellen.“ Der Käse für den Käseteller kommt zum Beispiel aus dem Spreewald; der Fisch aus Brandenburger Seen. Auch an der Bar soll es nach deren Wiedereröffnung regionale Biere geben.

Und wer clever war, zum Jahreswechsel hoch hinaus wollte und rechtzeitig gebucht hat, konnte im Drehrestaurant Silvester mit Buffet und DJ feiern und das neue Jahr begrüßen. Dem Feuerwerk über Berlin von hier oben zuzuschauen, soll atemberaubend sein. Küchenchef Dijks hat es schon erlebt. „Einfach toll“, sagt er. Stimmt schon, man hat nirgends einen so exorbitanten Blick auf die Stadt und das neue Jahr.

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Dieser Artikel stammt aus dem stadtland-Teil der taz am Wochenende, der maßgeblich von den Lokalredaktionen der taz in Berlin, Hamburg und Bremen verantwortet wird.

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