Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.
Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?
Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.
Naja, ein Problem ist sicherlich die systematische Kommerzialisierung der Knallerei mit immer ausgefeilteren Feuerwerkzeug.
Zum Beispiel diese Raketenbatterien, die man in jedem Supermarkt (und erst recht online) kaufen kann haben schon etwas deutlich militärisches, das mag zwar den Buchstaben der Regelungen nach irgendwie legal sein, aber mehr auch nicht.
Dinge wie die Begrenzung der Sprengstoffmenge pro Böller/Rakete laufen ziemlich ins Leere, wenn man mit einer Zündschnur direkt eine Salve von einem Dutzend oder so davon zünden kann... das gab es halt noch gar nicht, als diese Grenzen festgelegt wurden.
Eine vorgeschriebene Zündschnur pro Böller/Rakete würde das schon deutlich entschärfen, das kostet ja Zeit und Aufmerksamkeit.
Die Knaller-Epidemie liegt durchaus auch daran, dass das systematisch kommerziell ausgebeutet wird. Quasi Fast Food, das ist letztlich genau dasselbe.
Nur weil sich eine Minderheit nicht zu benehmen weiß, soll die Mehrheit wieder zurückstecken? Wir brauchen eine Mehrheitspolitik und keine für Minderheiten.
@Stoffel Gewagte These
denn ausgerechnet Minderheiten brauchen Schutz, wie auch die Geschichte immer wieder gezeigt hat.
Im Übrigen bedienen Sie sich der Argumentation der US-Waffenlobby:
Nicht die Waffen sind das Problem und auch nicht die Mehrheit… nur einige wenige, eine kleine Minderheit ist das Problem, so what…
„Die Kommune macht Silvesterpause und schließt vom 28.12. bis 03.01. die Kommentare auf taz.de. Wir wünschen Ihnen ein frohes neues Jahr 2024. "
Na dann. Prost Neujahr. 2024 ist ein Schaltjahr. 🎇🎈🎅😃
Minderjährige in der Bundeswehr dürfen den Bundestag nicht wählen, aber Töten lernen – das ist absurd. Sie sind nichts anderes als Kindersoldat:innen.
Deutschlands Silvesterknall: Nur der ganz normale Wahnsinn
Die Einsicht fällt schwer, dass wir hier in Deutschland einen Knall haben. Nicht die Böller sind das Problem, sondern deren Verkauf.
War doch allet schön jewesen Foto: Christoph Gollnow/dpa
War was? Irgendwas wird schon gewesen sein. 4.000 Polizist:innen waren in der Silvesternacht im Einsatz, um die Hauptstadt – ach was, die Republik! – vor dem Untergang auf der Sonnenallee im berüchtigten Neukölln zu retten. Fast 400 Festnahmen in Berlin bis zum Neujahrsmorgen, annähernd viermal so viele wie bei der heiß diskutierten Krawallnacht vor einem Jahr, sprechen für sich, oder?
Die hohe Zahl der Festnahmen lässt sich einfach erklären: Wo viele Polizist:innen genau hinschauen, da finden sie einen Grund zum Eingreifen. Über die reale Dichte von Delikten sagt das nie etwas aus. Die war in der Berliner Silvesternacht offensichtlich sogar erstaunlich niedrig. Und das, obwohl wegen der durch den Nahostkrieg aufgeheizten Gemüter doch Schlimmeres zu erwarten gewesen war.
Die Liebhaber:innen der harten Linie, von Berlins Regierendem Bürgermeister bis hin zur Bundesinnenministerin, schienen zuletzt kaum noch in der Lage, auch nur einen Satz ohne „volle Härte“ und „durchgreifen“ formulieren zu können. Jetzt klopfen sie sich auf die Schultern, weil sie mit massivem Einsatz Ausschreitungen im Keim erstickt haben wollen. Vielleicht haben sie recht. Vielleicht nicht.
Belegen ließe sich beides nicht. Fest steht nur, dass es Krawallzyklen gibt. Orte und Termine, die einmal das Label „Randale“ bekommen haben, bleiben Attraktionen. Eine unausgesprochene Verabredung von Möchtegernrandalierern, Möchtemehrpolizeiforderern und Gaffern – zu denen auch die Presse gehört. Das geht über Jahre, bis alle müde sind. Oder sich ein anderes Date bietet.
Deutsche Leitkultur
Hintergrundforschung, die die Motive der Eskalierenden benennt – nicht um sie als sozial Abgehängte und rassistisch Ausgegrenzte zu entschuldigen, sondern um sie zu verstehen und so Ansätze für Lösungen zu finden –, ist wenig gefragt.
In Berlin muss man aber nicht einmal besonders tief forschen. Der Kern des Problems liegt auf der Hand. Was man hier sehen konnte und hören musste, war nicht mehr als der ganz normale Wahnsinn einer Silvesternacht. Wer Böller vertreiben lässt, darf sich nicht wundern, wenn es knallt. Die Eskalation und die explosive Grenzüberschreitung gehören zur deutschen Leitkultur wie Friedrich Merz zum Weihnachtsbaum.
Da fällt die Einsicht schwer, dass wir hier in Deutschland einen Knall haben. Dass Pyrotechnik faszinierend sein kann, wenn sie von Profis gezündet wird. Aber dass Feuerwerk niemals in die Hände von Besoffenen gehört. Ein Böllerverzicht könnte also endlich Ruhe bringen. Auch in die gesellschaftliche Debatte.
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Kommentar von
Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters
Themen